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Mit einem neuartigen Lernhaus ist die bbs.eins Mainz für den Deutschen Schulpreis 2025 nominiert

Schule ist Heimat

Mit 3.500 Schüler*innen und rund 160 Lehrkräften ist die „Berufsbildende Schule eins“ in Mainz eine von fünf „BBS“ in der Landeshauptstadt. Ihr Schwerpunkt ist Gewerbe und Technik. Ähnlich wie bei einer Gesamtschule sind die Jugendlichen Vollzeitschüler*-
innen, können unterschiedliche Abschlüsse machen, auch ein technisch-orientiertes Abitur.

Aber nicht allen fällt Lernen leicht, manche verbinden mit Schule Ängste oder haben einen schwierigen familiären Hintergrund. „Das Einzigartige am Lernhaus ist, dass wir Schüler aus schwierigen sozialen Verhältnissen, die in der Schule bislang gescheitert sind, dazu bekommen, wieder Lust auf Schule und aufs Lernen zu haben“, erzählt Christian Hüsch, Lehrer an der bbs.eins.

Seine Idee war sozusagen der Startschuss für das neuartige Lernhaus mit verschiedenen Lernräumen. „Der Ausgangspunkt war mein Wunsch, ein eigenverantwortliches, selbstreguliertes Lernkonzept zu entwerfen.“ Eine zentrale Rolle spiele dabei der Kon­struktivismus: Lernen, so besagt dieser Ansatz, ist ein aktiver Prozess, bei dem Lernende ihr Wissen selbst konstru­ieren, statt es einfach vorgesetzt zu bekommen, etwa im klassischen Frontalunterricht. Der Lernprozess ist aktives Gestalten und nicht bloß passives Aufnehmen.

Das Wichtigste ist, die Lernenden konsequent in den Mittelpunkt zu stellen.“

 Christian Hüsch

Ein gutes Team ist essenziell

Oberstudienrat Christian Hüsch blieb dran, konnte Studiendirektorin Ruth Dikau für seine Idee gewinnen, überzeugte auch andere Kolleg*innen und testete sein Konzept zunächst mit wenigen Schüler*innen der eigenen Klasse. Bei einem Studientag setzte sich das engagierte Lehrerteam zusammen und arbeitete in nur zwei Tagen das Konzept vollständig aus. „So wichtig wie eine gute Idee ist ein Team, das in derselben Wellenlänge funkt. Und natürlich eine Leitungsebene, die das alles unterstützt und im Hintergrund eine Menge bewegt“, unterstreicht Christian Hüsch.

Was erwartet Jugendliche konkret im neuartigen Lernhaus? Ein zentrales Motto ist hier „Beheimatung“: Lernende können und sollen sich in der Schule wohl und zu Hause fühlen. Bis zu fünf Jahre können sie sich in einem stabilen Umfeld mit demselben Lehrpersonal in den gleichen Räumen kontinuierlich weiterentwickeln. Das Lehrpersonal fungiert eher als Coaches, unterstützt beim selbstorganisierten Lernen und schafft den optimalen Rahmen.

Das Ziel des bbs.eins-Teams ist es, die Vision einer zukunftsorientierten, kollaborativen Schulkultur zu verwirk­lichen. Der neuartige, innovative Unterricht unterstützt dabei nicht nur die Schüler*innen, die zu flexiblen und eigenständigen Lernenden werden, sondern auch das Kollegium in seiner Weiterentwicklung. Der wohl wichtigste Punkt: den Lernprozess konsequent an die Lernenden anzupassen, an ihre Bedürfnisse, ihre Präferenzen oder auch ihr Lerntempo.

Wichtiger Input: Im Instruktionsraum ist Zuhören und -schauen angesagt.

(Quelle: bbs.eins.mainz)

Wichtiger Input: Im Instruktionsraum ist Zuhören und -schauen angesagt.

Lernphasen und Lernräume ganz nach Bedarf

Im Lernhaus sollen die Schüler*­innen mit einem individualisierten Lernkonzept die Möglichkeit erhalten, das Beste aus ihren Potenzialen herauszuholen. Dabei helfen ihnen zum Beispiel verschiedene Lernphasen und Lernräume. Es gibt freie und strukturierte Phasen. In den freien Stunden entscheiden die Lernenden selbst, wann, wie, wo und mit wem sie an einem selbst festgelegten Thema arbeiten wollen. In der strukturierten Phase geben die Lernbegleiter*innen oder Coaches Inhalte, Methoden oder Sozialform vor. Die Phasen werden wöchentlich vorab festgelegt.

Und es gibt bedürfnisorientierte Lernräume. Dazu zählen Teamräume der Lehrenden, zu denen die Schüler*innen Zugang haben. Kollaborationsräume dienen der Zusammenarbeit der Lernenden, Instruktionsräume sind mit Hockern und persönliche Arbeitsplätze mit individuellen Schreibtischen ausgestattet, wo alle in Ruhe arbeiten können. In einem abschließbaren Container wird zum Beispiel ein persönliches Tablet verwahrt. Handys dürfen nur nach Rücksprache genutzt werden.

Beispielhaft für die vielen spannenden Angebote stehen eine Kann-Liste mit Lernzielen, die Lernberatung durch feste Ansprechpartner*innen, Logbuch, Wochenreflexion und Kompetenztests, die anfangs die Klassenarbeiten ersetzen. Diese Tests können Lernende absolvieren, wenn sie sich bereit dazu fühlen. Sie dürfen sie auch wiederholen oder vertiefende Tests schreiben, um die Note zu verbessern.

Kinder sind hier nicht einfach nur Schüler, sondern Menschen.“

 Rückmeldung von Eltern

Beste Verbindungen zum Arbeitsmarkt

„Wer bei uns nicht länger zur Schule, sondern in eine Ausbildung gehen will, bekommt hier eine gute Perspektive für den Arbeitsmarkt“, erklärt Christian Hüsch. „Wir haben ein festes Netzwerk an Unternehmens­partnern, machen regelmäßig Betriebsbesichtigungen und vermitteln Prak­tika.“ Überdies, so der engagierte Lehrer für Geschichte, Sozialkunde und Sport, gebe es ein Büro der Schulsozialarbeit und die Arbeitsagentur direkt im Haus. Perspektivgespräche helfen beiden Seiten, sich schnell und agil auf die Bedürfnislage der Schüler*innen einzustellen.

Rund 100 von ihnen sind aktuell im Lernhaus in fünf Klassen und vier verschiedenen Bildungsgängen (Berufsvorbereitungsjahr, Berufsfachschule 1 und 2 sowie die höhere Berufsfachschule) untergebracht. Betreut werden sie von 21 Lehrkräften. Drei unterschiedliche Bildungsabschlüsse sind später möglich: Hauptschulabschluss, Mittlere Reife und Fachhochschulreife.

Im Fokus steht, die Jugendlichen optimal auf ihre Zukunft vorzubereiten. Doch mit Blick auf sich stetig verändernde Berufsbilder ist das gar kein leichtes Unterfangen. „Wir Lehrerinnen und Lehrer können gar nicht mehr voraussagen, was unsere Schülerinnen und Schüler in fünf Jahren können müssen“, erläutert Studiendirektorin Ruth Dikau. „Wir orientieren uns an den Transformationskompetenzen, die die OECD für den Lernkompass festgelegt hat: Schüler sollen zu bestmöglichen Lernern werden.“ Denn schließlich werde ja am Beispiel der KI täglich deutlich, wie rasant sich Berufsbilder ändern. Das zeige eindrücklich auch der Job-Futuromat der Arbeitsagentur (siehe Link im QR-Code).

Ganz entspannt: Im Chillraum ist auch mal Zeit für eine Runde „Mensch, ärgere Dich nicht!“.

(Quelle: bbs.eins.mainz)

Ganz entspannt: Im Chillraum ist auch mal Zeit für eine Runde „Mensch, ärgere Dich nicht!“.

Wir Lehrerinnen und Lehrer können gar nicht mehr voraussagen, was unsere Schülerinnen und Schüler in fünf Jahren können müssen.“

 Ruth Dikau

Lernhaus macht Schule

Mit seinem Konzept hat sich das Team aus Mainz erfolgreich beim Deutschen Schulpreis 2025 beworben – und kam als einzige berufsbildende Schule auf die Shortlist der letzten 20 Kandidaten. Mitte Mai kam die Jury zu Besuch und zeigte sich angetan. „Insbesondere unsere Lerncoaches sollen wir unbedingt beibehalten, wurde uns empfohlen“, erzählt Ruth Dikau. „Die Jury informierte uns auch über die Rückmeldung einiger Eltern, die uns sehr freut: Ihre Kinder seien hier nicht einfach Schüler, sagen sie, sondern Menschen.“

Dazu passt, was die regelmäßige Evaluation unter den Schüler*innen selbst ergeben hat. „Alle bewerten das laufende Schuljahr mit einer 1, 2 oder 3“, berichtet Christian Hüsch stolz. „Keine 4, keine 5 oder gar 6. Das zeigt uns, wie wohl sich alle fühlen und dass sie gern hier lernen.

Befragt nach Tipps für Nach­ahmer*innen rät der engagierte Lehrer und Coach, vor allem den Mut zu haben und loszulegen: „Am besten natürlich mit einem Team, in dem sich alle miteinander wohlfühlen. Der nächste Schritt sind Netzwerke und externe Fachleute, die bei der Weiterqualifizierung helfen. Das Wichtigste aber ist: die Lernenden konsequent in den Mittelpunkt zu stellen.“

Gute Zusammenarbeit: Die Kollaborationsräume bieten sich für Projektbesprechungen an.

(Quelle: bbs.eins.mainz)

Gute Zusammenarbeit: Die Kollaborationsräume bieten sich für Projektbesprechungen an.

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.bbs1-mainz.com

www.job-futuromat.iab.de

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