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Berufsorientierung mit Partyfaktor

Von der Tanzfläche zum Traumjob

In Neustadt an der Weinstraße wurde genau dieses Konzept unter dem Motto „TalentFusion“ unlängst erprobt — ein Schulterschluss von ortsansässigen Unternehmen, der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG) und der „BrauchBar“ in der City. SKILLS-Redakteurin Hanna hat sich unter die Leute gemischt und das Format getestet.

Friday Night Job Fever: Barhocker statt Bewerbungsstress

Die Themen Fachkräftesicherung und Azubi-Mangel sind in aller Munde: Das Handwerk verzweifelt an leeren Werkstätten, Krankenhäuser jonglieren mit Notplänen, und die Gastronomie kämpft um jeden Neuzugang.

Als ich von dem neuen Event in meiner Stadt höre, werde ich neugierig: Berufsorientierung und Ausbildungs-Dating in einer Bar? Das muss ich mir ansehen!

Ich mache mich also am Freitagabend auf die Suche nach einem Ausbildungsplatz.

Es ist kurz nach 17 Uhr, das „Get together“ hat gerade begonnen. Die entspannte Atmosphäre spricht mich sofort an: Musik im Hintergrund, Menschen in lässiger Kleidung. Es gibt alkoholfreie Cocktails for free — eine Aufmerksamkeit, die von den Veranstaltern gesponsert wird.

Berufsorientierung und Ausbildungs-Dating in einer Bar? Das muss ich mir ansehen!“

 Hanna Buchna

Meine Erfahrungen am Berufe-Buffet

Mit einem Drink in der Hand mische ich mich unter die Anwesenden. An verschiedenen Stehtischen und Präsen­tationsflächen haben sich über 20 regionale Unternehmen verteilt. Ich plaudere mit den Mitarbeitenden einer Maschinenbau-Firma, lasse mir vom Team des örtlichen Klinikums Einblicke geben und unterhalte mich mit Vertreter*innen eines Sozialwerks, der Stadtverwaltung und einer Steuerkanzlei.

Besonders beeindruckt bin ich von der Präsenz der aktuellen Auszubildenden. Fast jedes Unternehmen ­hat mindestens eine oder einen Azubi mitgebracht. Sie ­berichten aus ihrem Berufsalltag — auf Augenhöhe mit ­den interessierten Jugendlichen.

O-Töne vom Ausbildungs-Dating

Was mir während der Veranstaltung auffällt: Die lockere Atmosphäre senkt tatsächlich Hemmschwellen. Brigitte Lochner von der IHK Pfalz bringt es auf den Punkt: „Mir gefällt das kleine, kuschelige Format der TalentFusion. Im Vergleich zu den klassischen Berufsmessen kommen Jugendliche und Unternehmen viel leichter ins Gespräch.“

Auch die potenziellen Azubis sind angetan. Die Schülerin Elif Karagöl verrät: „Ich weiß schon, dass ich in die medizinische Richtung gehen möchte und bin heute Abend her‑­gekommen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Ich finde es schön, mich unterhalten zu können, ohne dass es gleich ein Bewerbungsgespräch ist.“

Die Überraschung des Abends

Während ich von Stand zu Stand schlendere, frage ich mich: Welche Jobs finde ich besonders interessant? Wo könnte ich meine Stärken einbringen? Wo gibt es gute Aufstiegs- und Weiterbildungschancen?

Sympathisch sind eigentlich alle Unternehmens­vertreter*innen, aber bei welchem Betrieb hätte ich mich tatsächlich wieder gemeldet und nach einem Praktikum gefragt?

Die Antwort überrascht mich selbst: Mein persönliches Rennen gewinnt eine Steuerkanzlei. Die drei Steuer­berater*innen haben mit solcher Begeisterung von ihrem Beruf gesprochen, dass ich ein völlig neues Bild gewinne. Sie berichten davon, wie nah sie am Menschen arbeiten. Mit Zahlen zwar, aber in einem tiefen Vertrauensverhältnis zu ihren Mandanten, die sie oftmals über Jahrzehnte hinweg begleiten und für die sie in vielen Lebenslagen die erste Anlaufstation sind. Na also: It‘s a match! Mein Plan B steht — für den Fall, dass mir die schreibende KI bald unangenehm auf die Pelle rückt.

Mir gefällt das kleine, kuschelige Format der TalentFusion. Im Vergleich zu den klassischen Berufsmessen kommen Jugendliche und Unternehmen viel leichter ins Gespräch.“

 Brigitte Lochner

Von der Berufsorientierung zum Clubbing

Gegen 20 Uhr wandelt sich die Veranstaltung. Ein Newcomer der lokalen DJ-Szene legt auf und die Bar wird zum Club. Ich beobachte, wie zwei Mitarbeitende eines Unternehmens mit einer Gruppe von Jugendlichen an der Bar stehen und sich angeregt unterhalten.

In einer gemütlichen Ecke haben zwei Damen in
Firmenshirts einen Tisch in Beschlag genommen. Vor ihnen stehen halbvolle Gläser mit bunten Drinks, gegenüber sitzen zwei junge Frauen, vermutlich Schülerinnen. Es wird gelacht, genickt und gestikuliert. Kein steifes Frage-­Antwort-Spiel, sondern offensichtlich ein Austausch unter Gleich­gesinnten.

Ein vielversprechendes Konzept

Als ich später am Abend die Bar verlasse, bin ich überzeugt davon, dass solche Formate die Berufsorientierung aus der verstaubten Ecke herausholen können. Es macht Sinn, Informationsveranstaltungen in einen zeit­gemäßen, jugendgerechten Kontext zu setzen.

Die große Frage bleibt: Wie kommen Unternehmen an junge Menschen heran, die mit der Schule fertig sind und noch keine Idee für ihre berufliche Zukunft haben?

Das Konzept der „TalentFusion“ liefert Ansatzpunkte:

1. Entspannte Begegnungsformate: Der Abbau von Hemmschwellen durch unkonventionelle Veranstaltungsorte und -formate schafft echte Begegnungen auf Augenhöhe.

2. Azubis und Ausbilder*innen werden zu Botschaftern: Wenn aktuelle Ausbilder*innen und Auszubildende ihre Berufe vorstellen, erhalten Interessierte authentische Einblicke und finden leichter Vorbilder.

3. Zielgruppengerechte Ansprache: Die Kombination aus Berufsorientierung und Elementen wie Club-Atmosphäre, DJ und trendigen (alkoholfreien) Getränken führt dazu, dass sich junge Menschen wohlfühlen und entspannt an das Thema Berufswahl herangehen.

4. Offenheit für Neuentdeckungen: Unerwarteten Begeg­nungen können zu „Aha-Momenten“ führen und vollkommen neue Perspektiven eröffnen.

5. Vernetzung der regionalen Akteure: Die enge Zusammenarbeit von Wirtschaftsförderung, Kammern und Unternehmen fördert Synergien in Sachen Fachkräftesicherung.

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.ihk.de/pfalz/produktmarken/fachkraeftesicherung

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