Die Forschungsarbeit geht über die übliche Betrachtung der Teilnahmequoten hinaus und untersucht erstmals systematisch weitere entscheidende Faktoren der Weiterbildungsqualität. Dazu zählen die Unterstützung durch den Arbeitgeber, der zeitliche Umfang der Maßnahmen sowie die Motivationsgründe für eine Teilnahme oder Nicht-Teilnahme. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede in der Unterstützung: Während 83 % der Männer finanzielle Unterstützung erhalten, sind es bei Frauen nur 77 %. Besonders Väter profitieren mit 86 % von der höchsten finanziellen Förderung. Auch bei der zeitlichen Freistellung zeigen sich Differenzen: 92 % der Männer erhalten Arbeitszeit für Weiterbildungen, jedoch nur 87 % der Frauen.
Relevanz für die Transformation der Arbeitswelt
Betriebliche Weiterbildungen bilden das Rückgrat des deutschen Weiterbildungssystems und sind für die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft unverzichtbar. Umso bedeutsamer sind die Erkenntnisse über ungleiche Chancenverteilung zwischen den Geschlechtern, da sie Auswirkungen auf die Karriereentwicklung und berufliche Gleichstellung haben. Die Studie zeigt, dass Frauen in Vollzeit mit 66 % die höchste Teilnahmequote erreichen, während Männer in Teilzeit mit 46 % deutlich seltener an Weiterbildungen teilnehmen. Besonders problematisch ist die Situation für Mütter: 39 % von ihnen können aufgrund familiärer Verpflichtungen nicht an Weiterbildungen teilnehmen, während nur 17 % aller Frauen diesen Grund angeben.
Die Studie basiert auf repräsentativen Forschungsergebnissen und fasst den aktuellen Forschungsstand zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in der betrieblichen Weiterbildung zusammen. Der zeitliche Umfang der Weiterbildungen zeigt, dass Frauen häufiger an kurzen Weiterbildungen teilnehmen, während Männer längere Weiterbildungen bevorzugen: 47 % der Frauen absolvieren kurze Weiterbildungen von nur wenigen Stunden, während dies nur bei 39 % der Männer der Fall ist. Umgekehrt nehmen 28 % der Männer an längeren Weiterbildungen teil, aber nur 21 % der Frauen.
Ein weiterer wichtiger Befund betrifft die Förderung durch Vorgesetzte: Während 20 % der Männer aufgrund von Vorgesetztenförderung an Weiterbildungen teilnehmen, sind es bei Frauen nur 15 %. Frauen zeigen dafür höhere Eigeninitiative mit 29 % gegenüber 23 % bei Männern.
Impulse für die Weiterbildungspraxis
Die Ergebnisse liefern wichtige Impulse für Personalverantwortliche und Bildungsträger, die Weiterbildungsangebote geschlechtergerecht gestalten möchten. Die Studie macht deutlich, dass Frauen, insbesondere Mütter, durchaus Interesse an Weiterbildungen haben, jedoch weniger Unterstützung erhalten. Teilzeitbeschäftigte sind besonders benachteiligt, da sie seltener gefördert werden.
Die Forschenden empfehlen eine Ausweitung der betrieblichen Unterstützung und die Einführung gesetzlicher Ansprüche auf Weiterbildung. Zudem sollten Unternehmen verstärkt flexible Weiterbildungsformate anbieten, die den unterschiedlichen Lebenssituationen von Beschäftigten gerecht werden.
Die Publikation ist kostenlos über die Website des WSI abrufbar.