Natürlich nähere ich mich meiner Aufgabe nicht unvorbereitet. Ich habe das Netz nach Profis durchforstet, nach Coaches, nach Macher*innen, und bin dabei auf Joscha Falck gestoßen, einen sympathisch dreinblickenden Mittelschullehrer, der lange Zeit Lehrbeauftragter der Universität Bamberg am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik war.
Prompting verstehen
Zudem ist Joscha seit vielen Jahren Schulentwicklungsmoderator für die Regierung von Mittelfranken, mit Schwerpunkten an der Schnittstelle zwischen Schul- und Unterrichtsentwicklung, Digitalisierung, Fortbildung und Bildungspolitik. Etliche Publikationen zum Thema „Lernen mit KI“ hat Joscha Falck ebenfalls vorzuweisen. Kurzum: Dieser Mann ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Und daher mein perfekter Mentor!
Auf Joschas Website befindet sich der vielversprechende Menüpunkt „Prompting verstehen“, mit der Unterüberschrift „Wegweiser für Lehrkräfte im Umgang mit LLM-Chatbots“. Offen gestanden habe ich nicht die geringste Ahnung, was „LLM“ bedeutet, doch ich spüre, dass ich hier richtig bin. „Prompting“ — so nennt man es, wenn man Befehle in eine KI eingibt. Oder elegant mit den Worten von Joscha Falck formuliert: „Diese (KI-Systeme, Anm. d. Red.) arbeiten wie Wahrscheinlichkeitsmaschinen, die bei jeder Anfrage Token (Wörter, Wortteile, Satzzeichen oder andere linguistische Einheiten) aus ihren umfangreichen Datensätzen kombinieren. Basierend auf den vorangegangenen Token und den zugrunde liegenden Wahrscheinlichkeiten erzeugen sie den Output, wie etwa einen neuen Text. Prompts sind die Eingabebefehle, die diesen algorithmischen Prozess steuern und beeinflussen.“ Bäm, Mic Drop!
Mein Ziel ist es nun also, Prompts so zu gestalten, dass die KI die bestmöglichen Ergebnisse liefert, effektiv und zuverlässig. Um die Ernsthaftigkeit meines Vorhabens zu unterstreichen, bezeichne ich meine Bemühungen fortan als das, was sie in der Fachsprache sind: Prompting Engineering. Laut Joscha Falck gibt es sieben verschiedene Prompt-Arten, und ich habe beschlossen, die ersten vier heute auszuprobieren:

Zero-Shot/Single-Shot
Ich mache mich an die Arbeit mit einer einzelnen, spezifischen Anfrage an das KI-System, ganz ohne Kontext. Das KI-System meiner Wahl heißt ChatGPT, die wohl verbreitetste KI der Welt, quasi die Taylor Swift unter den KIs. Dann mal los:
„Liebes ChatGPT, bitte erstelle mir einen Text darüber, wie KI im Unterricht eingesetzt werden kann.“ (Zur Erklärung: Ich bin der Überzeugung, dass man mit einer grundsätzlichen Höflichkeit und einer persönlichen Note am weitesten kommt, daher die von mir gewählte Anrede und das vertraute Du.)
Als Ergebnis liefert mir ChatGPT insgesamt sechs Vorteile von KI-Einsatz im Unterricht, von der Personalisierung des Lernens, über Zugänglichkeit und Inklusion bis hin zu einer interaktiven Lernumgebung. Es liest sich wie eine praktische und gut lesbare Übersicht. Zu guter Letzt folgt der Hinweis eines verantwortungsvollen Einsatzes unter Berücksichtigung ethischer Aspekte. So weit, so gut. Für den Anfang sicherlich vielversprechend, doch da muss noch ein bisschen mehr kommen. Also weiter mit:
Few-Shot
Es wird konkreter, denn nun nenne ich einige Beispiele, um der KI zu zeigen, in welche Richtung die Antwort gehen soll:
„Erstelle bitte einen Leitfaden für eine Lehrkraft einer Berufsschule über die sinnvolle und effiziente Integration einer KI in den Unterricht. Beginne dabei in folgendem Stil: ‚Für die Erstellung von Unterrichtsmaterialien kann KI äußerst hilfreich sein. In diesem Text erklären wir Schritt für Schritt, wie dies sinnvoll und effizient erfolgen kann.‘“
ChatGPT antwortet, dass es essenziell ist, zunächst einmal die spezifischen Bedürfnisse der Schüler*innen und die Lernziele des Unterrichts zu identifizieren und sich einen Überblick über die verschiedenen KI-Systeme zu verschaffen. Was dann folgt, sind erneut sechs Tipps, die sich allesamt wie ein Leitfaden lesen, und nicht wie ein Text für das SKILLS Magazin. Alles klar, mein Fehler! Ich hatte „Leitfaden“ geprompted, und ChatGPT hat genau das erzeugt — einen Leitfaden. Hier zeigt sich einmal mehr, dass die Maschine so viel schlauer ist als der Mensch. Was ich brauche, ist ein Text, gut formuliert in zusammenhängenden Sätzen. Nun ja, zum Glück habe ich ja noch zwei Prompting-Versuche in petto. Weiter geht’s!
Chain-of-Thought Prompting
Hier bringt man das KI-System dazu, so Joscha Falck, dessen „Gedankengänge Schritt für Schritt zu entwickeln und darzulegen“. Moment mal, ChatGPT und dessen Gedanken??? Bislang hatte ich geglaubt, dass die Ergebnisse einer Art Internet-Scan zugrunde liegen. Jetzt ist die Rede von Gedanken. Terminator lässt schön grüßen!
Doch ruhig Blut. Vielleicht sollte ich Joschas Wortwahl nicht allzu viel Bedeutung beimessen. Schließlich verfolge ich eine Mission. Und im Moment bin ich von einem inhaltlich und stilistisch überzeugenden Text noch ziemlich weit entfernt. Es gilt also weiterhin: Probieren, probieren, probieren, bzw. prompten, prompten, prompten!
„Warum und auf welche Weise eignet sich KI zum Einsatz im Unterricht? Bitte erkläre deine Gedanken und formuliere sie in vollständigen Sätzen. Deine Antwort soll als Beitrag in einem Fachmagazin für berufliche Bildung fungieren und etwa 700 Wörter umfassen. Vielen Dank.“

Sie haben Ihr Ziel erreicht!
Tja, was soll ich sagen? Es scheint, als hätten wir (die KI und ich) unser Ziel erreicht. Die Antwort macht — man mag es kaum glauben — weitere Prompting-Versuche vollkommen unnötig. Wer hätte das gedacht! Um ehrlich zu sein, habe ich mich ohne große Erwartungen meiner Aufgabe gewidmet. Vielleicht hatte ein kleiner Teil in mir sogar gehofft, dass ChatGPT nicht vollumfänglich in der Lage wäre, einen fundierten und druckreifen Fachartikel zu liefern. Von wegen! Die Realität sieht anders aus. Und das nach gerade mal drei Versuchen!
Selbstverständlich prüfe ich den Artikel sorgfältig auf mögliche Fehler oder Ungereimtheiten, bevor er in den Druck geht. Doch weder inhaltlich noch stilistisch habe ich an den rund sechshundert KI-generierten Wörtern etwas auszusetzen. ChatGPT hat sogar richtig gegendert — ich bin beeindruckt! Das Einzige, was mir fehlt, ist eine persönliche Note, etwas, das dem Text eine eigene Handschrift gibt, aber das ist a.) Geschmackssache und b.) der Tatsache geschuldet, dass die KI keine Persönlichkeit besitzt. Sie besitzt doch keine Persönlichkeit, oder etwa doch??? Joscha Falck, ich hätte da mal eine Frage …!
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