Einfach mal Chefin sein: Juniorfirmen vermitteln dem Nachwuchs wichtige Erfahrungen.
Handwerks- und Handelskammern sind nicht nur bloße Verwalterinnen ihrer Branchen. Wie das Beispiel der IHK für die Pfalz zeigt, bringen sie sich in Sachen Ausbildung auf vielfältige und kreative Weise ein. Beispielhaft dafür stehen gleich vier gute Ideen.
Auszubildendenpatenschaften: Erste Hilfe bei bekannten Fragen und Sorgen
Bei der Azubipatenschaft wird allen Auszubildenden am Anfang der Ausbildung ein Azubi aus einem höheren Ausbildungsjahr als Pate*Patin zur Seite gestellt. Diese sind somit neben den Ausbilder*innen die ersten Ansprechpersonen. Dies kann eine große Hilfe sein, wenn Ausbildende so ausgelastet sind, dass neben der Vermittlung der fachlichen Inhalte die persönliche Betreuung zu kurz kommt. Außerdem ist es für Auszubildende häufig leichter, bei Gleichaltrigen um Unterstützung und Rat zu bitten, da diese vor einem Jahr ähnliche Fragen und Sorgen hatten und somit gut helfen können. Durch diese Methode lassen sich persönliche Probleme und auch Kommunikationsschwierigkeiten besser lösen.
Die Treffen von Azubi und Pate*Patin können individuell gestaltet werden. Sie verabreden entweder einzelne Zusammenkünfte bei Problemen oder Meetings in regelmäßigen Abständen. Mit diesen Patenschaften lassen sich nicht nur anfängliche Schwierigkeiten in der Ausbildung, sondern auch interkulturelle Probleme überwinden. Dies können z. B. Sprach- und Lernschwierigkeiten sein.
Es gibt allein fast 200 Ausbildungs-berufe, für die die IHKs zuständig sind. Die Berufe wandeln sich und werden immer wieder an aktuelle Entwicklungen angepasst.“
Juniorfirmen: Theorie mit Praxis verbinden
Die Idee dahinter: Azubis in eigenverantwortlicher und selbstständiger Arbeit erbringen in Juniorfirmen reale Dienstleistungen oder produzieren Waren in einem kleinen „realen Unternehmen“, unter dem Schirm des Ausbildungsbetriebs. Dieses Unternehmen sollte alle Geschäftsbereiche eines echten Betriebs enthalten, um den Auszubildenden die Gelegenheit zu geben, sich in allen Bereichen zu erproben. Rein rechtlich ist diese „Firma“ allerdings nicht selbstständig. Diese Methode sollte auf Dauer angelegt sein und Theorie mit Praxis verbinden. Wichtig ist, dass diese Maßnahme lediglich als Ergänzung zur betrieblichen Ausbildung angedacht ist.
Die Auszubildenden sollen durch „Learning by Doing“ und die berufsübergreifende Arbeit betriebliche Zusammenhänge besser kennen und verstehen lernen. Sie sehen direkte Ergebnisse ihrer Arbeit und können somit ein unmittelbares Feedback bekommen. Überdies überschneiden sich in der Arbeit einer Juniorfirma viele verschiedene Kompetenzen. Die Auszubildenden sollen fachliche, soziale, methodische und personale Verantwortlichkeiten zeigen. Ihre Aufgabe ist es z. B., unternehmerische Zusammenhänge zu erkennen, selbstständig zu arbeiten, Prozesse zu steuern und sich selbst zu besserer Leistung zu motivieren.
Das Ziel der Juniorfirma ist primär eine allgemeine Verbesserung der Ausbildung. Die Auszubildenden haben die Chance, sich intensiver mit ihren Ausbildungsinhalten auseinanderzusetzen und sie direkt in der Praxis zu erproben. Die direktere Einbindung in den Unternehmensprozess hat aber vor allem einen positiven Effekt auf die Auszubildenden. Die Juniorfirma fördert zudem die Teamfähigkeit der Jugendlichen. Ihre Arbeitszufriedenheit steigt deutlich, was eine erhöhte Motivation mit sich bringt. Bessere Leistungen im Betrieb und in der Berufsschule sind das Ergebnis.
Mittlere bis große Unternehmen ab ca. 10 Auszubildenden eignen sich für die Durchführung am besten. Bei kleineren Betrieben lässt sich eine Juniorfirma ebenfalls verwirklichen, wenn sich durch einen Ausbildungsverbund mehrere Betriebe zusammenschließen und ihre Auszubildenden zusammen arbeiten und lernen können.
(Quelle: auremar — stock.adobe.com)
Besser gemeinsam: Patenschaften und Mentoring helfen auch über die Einstiegsphase hinaus.
Einführungsveranstaltungen: Gemeinsam auf Betriebstemperatur kommen
Der Übergang von Schule zu Betrieb verläuft oft nicht problemlos. Für die neuen Auszubildenden bringt der Ausbildungsbeginn sowohl persönliche, soziale als auch ökonomische Veränderungen. Auch für die Kolleg*innen im Betrieb bringen neue Gesichter immer auch Veränderung mit sich. Um den „Praxisschock“ und damit auftretende Probleme von Anfang an zu vermeiden, ist es wichtig, Auszubildende schon vor dem ersten Ausbildungstag in das Unternehmen zu integrieren.
Die Art der Einführung hängt vor allem von der Betriebsgröße ab. Betriebe mit nur wenigen Auszubildenden haben nicht unbedingt die Kapazitäten, um ein zweiwöchiges Einführungsseminar zu veranstalten. Allerdings können alle unten genannten Punkte auch im kleineren Rahmen in einem Einführungstag stattfinden. Mittlere bis große Unternehmen können ein- bis mehrtägige Einführungsveranstaltungen selbst planen und im eigenen Unternehmen durchführen. Allerdings empfiehlt es sich, das Seminar außerhalb des Betriebs zu gestalten, damit die Auszubildenden nicht nur die täglichen Vorträge, sondern auch die Abende und die Freizeit zusammen verbringen können. In diesem Rahmen sollten die neuen Auszubildenden Zeit haben, einander und auch die anderen Mitarbeitenden besser kennenzulernen.
Das Wichtigste ist jedoch, dass die Auszubildenden im Vorfeld ausführlich über ihre zukünftige Ausbildung informiert werden. Sie alle gehen mit einer Mischung aus Freude und Unsicherheit in die Ausbildung, da sie sich auf die neuen Aufgaben freuen, aber auch noch nicht wissen, was genau auf sie zukommt. Daher sollten Betriebe ihre Fachabteilungen vorstellen, aber auch ganz allgemeine Informationen über das Unternehmen sowie die Ausbildungsgänge geben. Auch sollte besprochen werden, in welchem Rahmen die Betreuung der Auszubildenden stattfindet, etwa die Zahl der Ausbilder*innen oder sonstigen Ansprechpartner*innen. Ebenso hilft es den Azubis bei der Integration, im lockeren Rahmen die an sie gesteckten Erwartungen besser kennen zu lernen und ebenso wichtige Dos and Don’ts, z. B. eine Kleiderordnung im Betrieb.
Für die neuen Auszubildenden bringt der Ausbildungsbeginn sowohl persönliche, soziale als auch ökonomische Veränderungen.“
Elternstammtisch: Helfen bei der Weichenstellung
Was kommt nach der Schule? Diese Frage stellen sich viele Jugendliche — und auch ihre Eltern. Die IHK für die Pfalz hilft bei der Berufsorientierung und hatte am 15. Mai 2025 zum ersten „Elternstammtisch” eingeladen. Teilnehmen konnten Eltern von Jugendlichen ab der 7. Klasse, unabhängig von der Schulart. „Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, welche entscheidende Rolle Eltern bei der Berufswahl spielen. Sie sind Vorbild und Unterstützer in diesem Prozess”, sagt Brigitte Lochner, bei der IHK Pfalz zuständig für die Berufsorientierung. „Damit Eltern ihre Kinder gut bei der Weichenstellung für die Zukunft begleiten können, wollen wir sie über die Möglichkeiten und Chancen einer Berufsausbildung informieren.”
Der neue Stammtisch ist ein Angebot, damit sich Eltern in entspannter Atmosphäre informieren, Erfahrungen austauschen und Tipps zur Berufsorientierung erhalten können. „Es gibt allein fast 200 Ausbildungsberufe, für die die IHKs zuständig sind. Die Berufe wandeln sich und werden immer wieder an aktuelle Entwicklungen angepasst”, betont Lochner. Berufliche Bildung ende zudem nicht mit einem Ausbildungsabschluss, im Anschluss sei zum Beispiel eine Fortbildung oder auch ein Studium möglich. Dabei den Überblick zu behalten, sei schwierig — und dabei will die IHK Pfalz unterstützen. Der nächste Stammtisch findet im Herbst 2025 statt.