Als Kind bin ich in einem Forsthaus groß geworden. Damals gab es noch Forstschulen, „Kulturfrauen“ und kleinere Forstreviere, wie das meines Vaters. Die Waldarbeit hat sich seitdem sehr verändert, nicht zuletzt durch die Klimaveränderungen. Was angehende Auszubildende in der Forstwirtschaft heute mitbringen müssen und warum sie sehr gefragt sind, erfahre ich in einem Gespräch mit einer Forstexpertin.
Wenn ich an meine Kindheit im Solling zurückdenke, fallen mir sofort das Rauschen der Bäume, Holzduft und zwitschernde Vögel ein. Das klingt im Rückblick sehr romantisch. Ich muss jedoch zugeben, dass das Leben im abgelegenen Forsthaus mitunter recht einsam war. Heute finde ich es toll, wenn junge Menschen sich für die Arbeit im Wald entscheiden. Mich zog es damals eher in die Stadt, aus mir wurde ein Autor. Doch umso schöner ist es jetzt, euch von früher zu berichten und mehr über heutige Ausbildungsmöglichkeiten herauszufinden.
Ich war mit meinem Vater oft im Wald. Im Winter haben wir Hafer und Mais an den Futterstellen der Rehe verteilt. Einmal war ich auch zur Jagd, aber das war nicht so meins. Ich schaffte es nie, mucksmäuschenstill zu sein, raschelte stattdessen mit dem Anorak und warnte ungewollt alle Hirsche und Rehe im Umkreis. Einmal durfte ich Bäume mit einem Reißhaken markieren. Ich fand es lustig, einen langen Strich in die Rinde einer Buche zu ritzen – was allerdings das Todesurteil für den Baum bedeutete.
Als Försterin mittendrin: Sabine Weldner
Das alles ist lange her. So vieles hat sich allein in den letzten drei Jahrzehnten im Wald und in der Waldarbeit verändert, längst hat zum Beispiel die Farbsprühdose den Reißhaken ersetzt. Eine, die mir mehr darüber erzählen kann, ist Sabine Weldner, eine ehemalige Mitschülerin von mir. Wir haben zusammen Abitur gemacht. Sabine hat sich für ein Studium der Forstwirtschaft entschieden. Sie schloss ihr Studium in Göttingen noch mit dem Diplom Forstingenieur FH ab. Heute sind Bachelor und Master an die Stelle des Diploms getreten. Da es für Sabine später in den Staatsdienst gehen sollte, hat sie auch das Staatsexamen abgelegt. Das wird auch heute noch gefordert. Und: Wer Förster*in werden will, braucht in Hessen einen Jagdschein. Alles in allem dauerte das Studium rund fünf Jahre, davon das erste Jahr als Praktikum. Die Hochschul-Theorie begann im Anschluss.
Damit ein Job später auch wirklich Spaß macht, ist es wichtig, ihn vorher bei einem Praktikum besser kennenzulernen.“
Spontan frage ich Sabine, was sie an ihrer Arbeit im Wald mag. „Mein Beruf ist total vielseitig“, erklärt sie mir. „Du bist selbstständig in deiner Arbeit und machst etwas Sinnvolles. Du forstest zum Beispiel Flächen auf und erlebst, wie nach Jahren ein schöner Wald entsteht.“ Dafür brauche man schon auch etwas Geduld, fügt sie hinzu. Als Försterin beim Forstamt Melsungen ist sie in Nordhessen für ein Revier von rund 1.800 Hektar verantwortlich. Das ist sprichwörtlich eine Menge Holz, die Fläche von vier mal viereinhalb Kilometern. Das Revier meines Vaters damals hatte sicherlich nicht einmal ein Viertel dieser Fläche.
„Ich bin viel draußen, aber ein wesentlicher Teil meiner Arbeit ist auch am Computer“, erzählt sie weiter. „Trotzdem bin ich immer noch sehr oft im Wald und genieße viele schöne Momente.“ Bevor ich sie zum Ausbildungsberuf Forstwirt*in befrage, will ich wissen, was sich in den mehr als 30 Jahren ihrer Arbeit verändert hat. Der Wald sei, so sagt sie, anfälliger geworden. Es gäbe viele Schädlinge, aber auch Wasserstress und Sonnenbrand mache den Bäumen zu schaffen. Das könne sich von Region zu Region unterscheiden. Heute werde viel geforscht und gezüchtet, damit Bäume, etwa mit dem Wasserstress oder den höheren Temperaturen, besser zurechtkommen.
Forstwirt*in auch als Ausbildungsberuf
Sabine ist den Weg über ein Studium gegangen, um im und mit dem Wald arbeiten zu können. Vor ihrer Arbeit als Försterin war sie zudem einige Jahre in einer Versuchsanstalt in der Waldforschung tätig. „Forstwirtschaft“ ist somit ein Studienfach – aber zugleich auch ein Ausbildungsberuf. Je nach Schulabschluss dauert die Ausbildung zwei oder drei Jahre. Welche Eigenschaften oder Skills müssen zukünftige Angestellte im Forstbereich mitbringen? „Am wichtigsten ist wirklich das Interesse, in der Natur zu arbeiten“, erklärt mir die Forstexpertin. „Die Arbeit ist ausschließlich draußen, es ist kein Indoor-Job. Das ist im Frühling oder Sommer oft toll, kann im Herbst und Winter aber auch mal nass und kalt werden.“
Am wichtigsten ist wirklich das Interesse, in der Natur zu arbeiten.“
Forstwirt*innen gestalten den Wald und bewirtschaften ihn verantwortungsvoll. Dazu gehört auch der Umgang mit Werkzeugen und Maschinen, sie sollten also technikaffin sein. Ein Führerschein ist ebenfalls Voraussetzung. Denn obwohl Forstwirt*innen meistens in der Nähe ihres Forstgebietes wohnen, haben sie doch an vielen unterschiedlichen Einsatzorten im Revier zu tun. Zudem sind Werkzeuge oder Motorsägen zu transportieren. Der Beruf bietet auch Aufstiegsmöglichkeiten: Auf Forstwirtschaftsmeister*innen warten später neben der besseren Bezahlung auch Organisations- und Managementaufgaben, womit sie die Revierleitung unterstützen.
Alternative Einsatzmöglichkeiten
Als Forstwirt*in muss man nicht zwangsläufig im Wald bleiben. „Die Leute, die wir ausbilden, haben auch gute Chancen im Gartenbaubereich, wo Gartenbäume gefällt werden müssen“, erzählt Sabine Weldner. Generell gilt: Fachpersonal mit einer forstwirtschaftlichen Ausbildung ist gefragt. Auch bei ihrem Forstamt gibt es Ausbildungsplätze. Sie werden vom Landesbetrieb HessenForst jährlich ausgeschrieben. Es findet dann ein theoretisches und praktisches Auswahlverfahren statt, wo Kandidat*innen auch ihre praktischen Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Am Ende wird im Forstamt über die zukünftigen Azubis entschieden.
Die Försterin hat in diesem Zusammenhang noch einen guten Tipp: „Damit ein Job später auch wirklich Spaß macht, ist es wichtig, ihn möglichst vorher bei einem Praktikum besser kennenzulernen. Das kann ein zweiwöchiges Schulpraktikum sein, eine Exkursion zum Girls‘ Day oder auch ein freiwilliges ökologisches Jahr.“ Allerdings gilt: Wer noch nicht volljährig ist, darf nicht an gefährlichen Maschinen arbeiten, etwa mit der Motorsäge oder einer Harvester-Erntemaschine. Aber auch so gibt es sicher viel Neues zu erleben.
Quelle: HessenForst
2 An der frischen Luft: Azubi bei der Pflanzung
Quelle: HessenForst
3 Wer im Wald arbeitet, begleitet die Natur durch alle Jahreszeiten