Angehende Auszubildende mit Behinderung haben meist mehr Fragen als andere Azubis. Als Leitfaden für die Ausbildungsleitung und Coaches hat das SKILLS Magazin wichtige Antworten für alle, die mehr zur Ausbildung und zum Ausbildungsstart wissen wollen. Abgerundet werden die Informationen mit nützlichen Beratungsstellen.
Welche Möglichkeiten der Ausbildung haben junge Menschen mit Behinderung?
Eine Berufsausbildung können Jugendliche in einem Betrieb, einer Berufsschule, in einem Bildungswerk oder bei einem anerkannten Bildungsträger absolvieren. Fast immer besteht eine Ausbildung in staatlich anerkannten Berufen aus theoretischen und praktischen Inhalten. Jugendliche lernen dabei oft dual, das heißt: Sie gehen in den Betrieb und auch in die Berufsschule. Manchmal ist eine Regelausbildung aufgrund einer Behinderung nicht möglich. Alternativ gibt es die sogenannte Ausbildung zum*zur Fachpraktiker*in. Hier ist weniger Theorie zu lernen, und es gelten unterstützende Arbeitsregelungen. Oft machen Jugendliche mit Lernschwierigkeiten eine solche Fachpraktikerausbildung.
Was ist der „Nachteilsausgleich“ für Auszubildende mit Behinderung?
Menschen mit Behinderung haben oft auch beim Arbeiten Nachteile. Sie brauchen zum Beispiel mehr Zeit, um etwas zu erledigen. Für solche Fälle gibt einen Nachteilsausgleich. Das sind oft Vergünstigungen oder besondere Leistungen. Bei der Ausbildung bedeutet das zum Beispiel: vier Jahre Ausbildung statt drei, oder mehr Zeit für die Prüfung. Aber aufgepasst: Die Prüfung bleibt für alle Azubis dieselbe, egal, ob sie eine Behinderung haben oder nicht! Wer einen Nachteilsausgleich beantragen will, sollte sich rechtzeitig bei der zuständigen Kammer melden. Je nach Beruf ist das zum Beispiel die Handwerkskammer, die Landwirtschaftskammer oder die Industrie- und Handelskammer.
Seit 2022 gibt es einheitliche Ansprechpartner für Arbeitgeber.“
Wann bekommen Jugendliche eine „Assistierte Ausbildung“?
Diese Form der Ausbildung ist für Jugendliche, die schon sehr lange nach einem Ausbildungsplatz suchen. Sie bekommen zum Beispiel Hilfe bei der Bewerbung, Hilfe bei der Suche nach einem Praktikum und persönliche Beratung. Ist der Ausbildungsplatz gefunden, beginnt die reguläre berufliche Ausbildung. Auch in dieser Zeit gibt es Unterstützung, etwa bei der Wohnungssuche, Nachhilfe für die Berufsschule oder beim Lernen für den Führerschein. Der Ausbildungsbetrieb bekommt ebenfalls Unterstützung, etwa Beratung zu bestimmten Zielgruppen oder Hilfe bei der Zusammenarbeit mit der Berufsschule. Ein guter Ansprechpartner rund um die Assistierte Ausbildung ist die Agentur für Arbeit.
Wer bezahlt Hilfsmittel für die Ausbildung?
Junge Menschen mit Behinderung brauchen im Ausbildungsbetrieb oder für die Berufsschule manchmal Hilfsmittel, zum Beispiel Tragehilfen, Braille-Tastaturen oder angepasste Tische. Diese Dinge müssen nicht der Betrieb, die Berufsschule oder die Jugendlichen bezahlen. Das erledigt der Sozialhilfeträger, meistens das örtliche Sozialamt. Mitunter sind auch überörtliche Leistungsträger zuständig, etwa die Bundesländer oder große Verbände.
Haben Jugendliche mit Behinderung mehr Urlaubstage als andere Auszubildende?
Je nach Ausbildungsvertrag können mehr Urlaubstage festgelegt werden. Weniger Tage dürfen es aber keinesfalls sein. Azubis mit Schwerbehinderung können auch Anspruch auf zusätzlichen Urlaub haben. Das hängt ab von der zugestandenen Anzahl der Urlaubstage im Ausbildungsvertrag. Ab einem Behinderungsgrad von mehr als 50 besteht ein Anspruch auf Zusatzurlaub. Näheres regelt auch das Bundesurlaubsgesetz.
Welche Vorteile haben Unternehmen finanziell, wenn sie Auszubildende mit Schwerbehinderung einstellen?
Betriebe, die schwerbehinderte Azubis einstellen, können verschiedene Fördertopfe bei unterschiedlichen Trägern ausschöpfen, etwa Beihilfen und Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung oder zur Einrichtung von Arbeitsplätzen. Ansprechpartner sind die Agentur für Arbeit, das Integrationsamt und Rehabilitationsträger. Seit 2022 gibt es einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber, die alle wichtigen Fragen zur Einstellung und Förderung beantworten. Mehr dazu gibt es auf der Webseite der Integrations- und Inklusionsämter.
Wo bekommen Jugendliche weitere Unterstützung?
Zahlreiche Beratungsstellen helfen rund um das Thema barrierefreie Ausbildung. Es gibt sie in fast jedem Rathaus, bei der Agentur für Arbeit, bei den Kammern, zum Beispiel der Handwerkskammer, oder bei Vereinigungen wie dem Lebenshilfe e. V.