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So nachhaltig wie effektiv?

Das Haus aus dem 3D-Drucker

Gedruckt wurde in Beckum mit einem sogenannten Portaldrucker, bedient von lediglich zwei Personen. Das Beton­gemisch wurde dabei mit einer Spritze Schicht für Schicht aufgetragen. Auf diese Weise entstand alle fünf Minuten ein Quadratmeter Wand. Ein Haus wie aus einem Guss.

Lukas Bischofberger, Corporate & Marketing Communications Specialist bei PERI, kann, neben dem enormen Arbeitstempo und der damit einher­gehenden Kostenersparnis, noch weitere Vorteile des 3D-Drucks auf­zeigen: „Komplexe geometrische Formen und individuelle Designs lassen sich ohne großen Mehraufwand ­realisieren. Zudem wird weniger Material verschwendet.“ Darüber hinaus sei weniger Personal auf der Baustelle vonnöten, was die Lohnkosten sowie ­die körperliche Belastung gleichermaßen reduziere. Letzteres könne, so ­Bischofberger, die Attraktivität von Tätigkeiten im Baugewerbe steigern.

Die technischen Möglichkeiten ­sind enorm: „Durch das Portalsystem des BOD2-Druckers können wir momentan Gebäude bis zu einer Breite von ­13,5 Metern, einer Höhe von 9 Metern und einer praktisch unbegrenzten Länge realisieren. Deshalb sehen wir den 3D-Druck besonders für den Bau von Ein- und Mehrfamilienhäusern.“

Eine kleine Herausforderung sieht PERI aktuell noch in den Geneh­migungsverfahren. „Wir haben die Baugenehmigungen bisher immer über die Zustimmung im Einzelfall erwirkt“, berichtet Lukas Bischofberger. „Das erfordert einen gewissen Mehraufwand, zu Schwierigkeiten ist es hier allerdings nie gekommen. Hier haben wir die Hoffnung, dass sich die Genehmigungsverfahren in Zukunft vereinfachen lassen.“

3D-Druck bald erschwinglicher?

Wer die Befürchtung hat, der 3D-Druck im Baugewerbe könnte klassische Berufe wie den des Dach­deckers, des Maurers oder des Stahl­betonbauers in Zukunft obsolet ­machen, kann beruhigt sein. Diese Arbeiten würden, so PERI, lediglich ergänzt, bzw. verändert. „Händische Arbeiten wie das Setzen von Stabilitätsankern in die weichen Druckschichten oder das Säubern des Druckers nach Druckende werden nach wie vor wichtig sein“, erklärt Bischofberger. Aufgrund des branchenweiten Fachkräftemangels, der sich in den kommenden Jahren noch verschärfe, seien diese neuen Ansätze unabdingbar. Zudem habe das Baugewerbe einen Produktivitätssprung nötig, der durch den 3D-Druck erreicht werden könne. Auch die Kostenentwicklung sieht man bei PERI optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass bereits in diesem Jahr Gebäude gedruckt werden können, deren Gesamtkosten unter dem Durchschnitt konventioneller Bau­weisen liegen. Damit wird der Einstieg für viele Unternehmen attraktiver und auch heute schon wirtschaftlich.“

Quelle: PERI 3D Construction GmbH

Umweltfreundlich, aber logistisch schwierig

Hagen Tschorn, Vorsitzender des Beirats im Verband 3DDruck e. V. und Andreas Velten, Vorstand Technik im Verband 3DDruck e. V., sehen im 3D-Druck ebenfalls enorme Chancen: „Neben der Designfreiheit und der Verwendung von neuen oder ‚alten‘ Materialien wird die Betrachtung der Nachhaltigkeit und der Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu den konventionellen Verfahren über die Höhe des Erfolgs entscheiden.“ Errungenschaften wie neuen Baumaterialien in Form von Beton, Lehm, Pilzen, Pflanzenfasern oder Holzverbundstoffen stünden derzeit noch Herausforderungen wie ­­die Logistik für Material und Technik, Konstruktionssoftware, Zulassungs­verfahren für Materialien, Bauteile ­und Technologien sowie der direkte ­Vergleich der Wirtschaftlichkeit mit den etablierten und gängigen Technologien gegenüber.

Die Möglichkeiten, 3D-Druck weitgehend umweltfreundlich zu gestalten, sind zahlreich: „Es gibt mittlerweile biologisch abbaubare ­oder recycelte Filamente wie PLA ­(Polylactid), das aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke oder ­Zuckerrohr gewonnen wird“, erklären Tschorn und Velten. „Zudem gibt es Recycling-­Initiativen, bei denen alte Drucke oder Fehlproduktionen wiederverwertet und zu neuem Filament verarbeitet werden.“ Darüber hinaus entstünde deutlich weniger Abfall als beispielsweise beim Gießen oder Fräsen. Und durch den Einsatz energieeffizienter 3D-Drucker, optimierte Druckprozesse, intelligente Standby-Modi und die Nutzung erneuerbarer Energien könne außerdem der Strombedarf reduziert werden.

Solange Deutschland sich nicht stärker im Bereich Additive Fertigung, sprich: 3D-Druck, engagiert, werden wir von den Technologie-Leadern abgehängt.“

 Hagen Tschorn & Andreas Velten

Mehr Engagement

Den Aspekt der Nachhaltigkeit sehen die beiden aber nicht nur in Bezug auf ein verträgliches Umwelt­bewusstsein, sondern auch hinsichtlich der Zukunftschancen eines eigenen Unternehmens. Einen Trend zu verschlafen, sei unwirtschaftlich und alles andere als nachhaltig. Hier leistet der Verband seine Arbeit im Sinne von Beratung und Aufklärung. Ähnlich wie PERI sehen auch sie große Chancen im 3D-Druck für die Baubranche, allerdings nur unter bestimmten Bedin­gungen: „So banal, wie es klingt, Teile werden in der Regel auf dem günstigsten Wege hergestellt. Es gilt also, hier die Technologie weiterzu­entwickeln und die Vorteile gegenüber den Konkurrenzverfahren herauszustellen. Solange Deutschland sich nicht stärker im Bereich Additive Fertigung, sprich: 3D-Druck, engagiert, werden wir von den Technologie-Leadern abgehängt.“

Um den Anschluss nicht zu verpassen, engagiert sich der Verband seit einigen Jahren bei WorldSkills Germany. Auf internationaler Ebene wurde die Weltmeisterschaftsdisziplin „Additive Manufacturing“ entwickelt, an der auch Deutschland bereits teilnahm. Der globale Austausch zum Thema 3D-Druck, den die WorldSkills-­Wettbewerbe mit der Weiterentwicklung von internationalen beruflichen Standards forcieren, ist auch für Deutschland enorm wichtig.

Wie in vielen anderen Branchen gilt ­­also auch im Baugewerbe: Keine Angst vor Veränderung, denn die ist nötig, ­um dem hiesigen Fachkräftemangel zu begegnen, dem steigenden Bedarf an Wohnraum gerecht zu werden und die Umwelt zu schonen. Und seien wir ­doch mal ehrlich: Einen 3D-Druck auf der Baustelle zu über­wachen, klingt um einiges attraktiver als das Schleppen schwerer Bau­materialien.

Wir gehen davon aus, dass bereits in diesem Jahr Gebäude gedruckt werden können, deren Gesamtkosten unter dem Durchschnitt konvention­eller Bauweisen liegen.“

 Lukas Bischofberger

Ein 3D-gedrucktes Haus von innen

Quelle: PERI 3D Construction GmbH

Ein 3D-gedrucktes Haus von innen

www.peri3dconstruction.com/beckum

www.verband3ddruck.berlin

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