Der Klimawandel ist seit vielen Jahren nicht nur in aller Munde, sondern auch zunehmend spürbar. Heftige Niederschläge und Überschwemmungen stehen lange Dürreperioden gegenüber, die Zahl von heißen Tagen und tropischen Nächten nimmt ebenfalls stetig zu. All das hat nicht nur Auswirkungen auf uns Menschen, sondern auch auf die Natur. Umso wichtiger ist es, adäquat auf die klimatischen Veränderungen zu reagieren. Wie das gelingen kann, zeigt ein Blick in die Abwasserbewirtschaftung und den Garten- und Landschaftsbau.
Abwasserbewirtschaftung ist inzwischen weit mehr als die Entwässerung und Behandlung von Abwasser. Die Vielzahl neuer Themen, die hier eine zentrale Rolle spielen, führte zu einer Novellierung des Berufsbildes.
Bedeutung von Energie und Simulationen wächst
Andreas Lenz ist Obmann des Fachausschusses BIZ-3 Fachkräfte und Meister*innen in der Abwassertechnik bei der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA). Er erklärt die steigende Bedeutung von Energie in seiner Branche: „Seit Anfang 2025 ist die novellierte Kommunalabwasserrichtlinie in Kraft. Diese fordert bis 2045 die Energieneutralität der Abwasserbehandlung. Das Energiemanagement gewinnt somit erheblich an Bedeutung, die Fachkräfte auf den Kläranlagen werden quasi zu Energiemanagern.“ Um das Ziel erreichen zu können, so Lenz, müssten die Anlagen nicht nur äußerst energieeffizient, sondern auch umweltschonend betrieben werden, zum Beispiel mittels Blockheizkraftwerken, Windkraft und Photovoltaik. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit verweist er auf die seit 2021 geltende neue Standardberufsbildposition 3 in der Ausbildungsverordnung „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“. Position 13 lautet „Nachhaltiges Gewinnen von Energie und effizientes Steuern des Einsatzes von Energie“.
„Schwierig war auch die Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten“, berichtet Hélène Opitz, Abteilungsleiterin für Bildung und Internationale Zusammenarbeit bei der DWA.„Ob Topografie, Niederschlag oder die Art der Entwässerungssysteme – die Abwasserentsorgung weist bundesweit große Unterschiede auf. Auch die relevanten Gesetze der einzelnen Bundesländer unterscheiden sich zum Teil erheblich. Das ist nicht einfach, in einer bundesweit einheitlichen Ausbildungsordnung abzubilden. Vor diesem Hintergrund werden wir verstärkt mit Simulationen arbeiten.“ Die neue Ausbildungsverordnung ermögliche es, Simulationen in den Prüfungen zu nutzen und sie in die Ausbildungen zu integrieren.
Der Umgang mit Regen und Wärme
Wasserwirtschaft würde heute viel ganzheitlicher gedacht, so Opitz. „Früher ging es darum, Regen schnellstmöglich aus der Stadt zu leiten. Heute wollen wir einen möglichst naturnahen Wasserhaushalt, Wasser sollte, wenn immer möglich, vor Ort gespeichert und zurückgehalten werden. Dies hilft bei Starkregen, ebenso zur Versorgung des Stadtgrüns in langen Trockenphasen.“
Ein weiteres neues Kriterium des Berufsbildes ist die Methode der sogenannten Verdunstungskühlung, die dem Hitzestress in den Städten entgegenwirken soll. Dabei wird verdunstetes Wasser zur Kühlung der warmen Luft genutzt.
Die Wasserwirtschaft im ursprünglichen Sinn verändert sich ebenfalls, einhergehend mit zunehmender Hitze und unterschiedlich starken Regenphasen. Beide Aspekte haben direkten Einfluss auf die Steuerung des Zuflusses zu den Kläranlagen. Bei extremen Bedingungen steigen auch hier die Herausforderungen.
Durch diese Entwicklungen wurden auch die Berufsbilder neu geordnet. So ist aus der Fachkraft für Abwassertechnik der*die Umwelttechnologe*Umwelttechnologin für Abwasserbewirtschaftung geworden.
Ob Topografie, Niederschlag oder die Art der Entwässerungssysteme – die Abwasserentsorgung weist bundesweit große Unterschiede auf.“
Mehr Attraktivität durch Nachhaltigkeit und Digitalisierung?
Diese verstärkte Integration der Nachhaltigkeit zahle sich, laut Lenz, auch bei der Nachwuchsgewinnung aus. So hätten die Rückmeldungen auf die von den Betrieben ausgeschriebenen Ausbildungsstellen zu Umwelttechnologinnen und Umwelttechnologen deutlich zugenommen. Auf der DWA-Plattform „wasser-allesklar“ können sich Interessierte zudem einen Überblick über Ausbildungs- und Studienangebote verschaffen sowie ihr Wissen zum Thema (Ab)Wasser testen.
Wie in vielen anderen Branchen hat auch in der Abwasserbewirtschaftung die Digitalisierung im großen Maße zugenommen. Das betrifft sowohl den Arbeitsalltag als auch die Ausbildung und nicht zuletzt die Prüfungen.
Vernetztes Denken
All diese Maßnahmen sind das Ergebnis eines Zusammenspiels innerhalb eines fruchtbaren Netzwerks. Hélène Opitz: „Eine sehr gute Hilfestellung bietet das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). In der Reihe ‚Ausbildung gestalten‘ hat das BIBB eine spezielle Umsetzungshilfe für Umwelttechnologen für Abwasserbewirtschaftung veröffentlicht. Sehr empfehlenswert für Ausbilder, Berufsschulen, Prüfer und Auszubildende.“
Die DWA wiederum bringt sich aktiv in das Forschungsprojekt „Azubot“ ein, Teil der Förderrichtlinie InnoVET Plus vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Hier steigern ein KI-Tutor und eine digitale Lernumgebung die Attraktivität der Ausbildung von Fachkräften für die Wasserwirtschaft einmal mehr.
Vernetztes Denken umzusetzen, lautet nunmehr das Stichwort. Ein Grundinteresse von Jugendlichen an digitalen Entwicklungen sei größtenteils da, nur müssten die Fähigkeiten geschult werden, auch bei den Ausbilder*innen. Hier unterstützt die DWA durch entsprechende Weiterbildungen.
Quelle: Jannis Nelke / AuGaLa
2 Auch vor dem Garten- --und Landschaftsbau macht die Digitalisierung keinen Halt: Drohnen, Bildbearbeitungssoftware und KI gehören mittlerweile dazu.
Nachwuchsgewinnung ist kein Selbstläufer
„Wir müssen jedes Jahr gut 360 Ausbildungsstellen neu besetzen“, erklärt Hélène Opitz. „Unser Altersdurchschnitt in den Betrieben ist zudem relativ hoch. Wir brauchen in den nächsten Jahren viel Nachwuchs. Und da wir eine Nischenbranche sind, müssen wir für die Branche und die Berufe intensiv werben. Arbeiten in der Abwasserwirtschaft ist spannend, sinnvoll für die Gesellschaft, nachhaltig und vor allem auch langfristig sicher. Abwasser ist eine kritische Infrastruktur, die Stellen müssen unbedingt besetzt werden.“
„Mit der Neuordnung des Berufes haben wir einen wichtigen Schritt getan“, ergänzt Andreas Lenz, „sind aber noch lange nicht am Ziel. Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung ist kein Selbstläufer.“
Aktuell strebt die DWA in Zusammenarbeit mit Partnern aus anderen umwelttechnischen Berufen eine Aufwertung des Meisters an. Der neugeordnete Meister solle dann, so Opitz, parallel als Bachelor-Professional geführt werden und somit gleichwertig zum Akademiker-Bachelor sein. Denn: „Wir müssen die klugen Köpfe auf den Anlagen halten, und dies ist dafür ein wichtiger Schritt.“
Das Energiemanagement gewinnt somit erheblich an Bedeutung, die Fachkräfte auf den Kläranlagen werden quasi zu Energiemanagern.“
Veränderungen auch im Garten- und Landschaftsbau
Kluge Köpfe braucht es selbstredend auch in anderen Bereichen, durch die sich ein Wandel zieht. Der Garten- und Landschaftsbau ist ein solcher. Matthias Lösch ist Vizepräsident des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL), Vorsitzender des Bildungsausschusses des BGL und Mitglied im Verwaltungsrat des Ausbildungsförderwerk Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (AuGaLa). Er beschreibt die Veränderungen im Berufsbild wie folgt: „Seitens der Kommunen gibt es immer häufiger Vorgaben, dass zum Beispiel Schottergärten nicht mehr gebaut werden dürfen oder dass bestimmte heimische, bzw. klimaresistente Pflanzen in die Gärten, vor allem bei Neubauten, gepflanzt werden müssen.“ Auch gebe es verschiedene Fördermittel für öffentliche und private Dachbegrünung, grüne Parkgestaltung, und Renaturierung von versiegelten Flächen.
„Die aktuellen Ausbildungsinhalte zu den insgesamt sieben gärtnerischen Fachrichtungen sind in der Verordnung über die Ausbildung zum Gärtner/zur Gärtnerin aus dem Jahre 1996 niedergeschrieben“, so Lösch. „Bereits damals war die Verordnung so fortschrittlich, dass die für heute wichtigen Themen wie Recycling, sparsamer Einsatz von Energieträgern, umweltschonender Einsatz von Betriebsmitteln oder standortgerechte Verwendung von Pflanzen Einzug gehalten haben.“
Vielfältige Angebote für neue Inhalte
Auch vor dem Garten- und Landschaftsbau macht die Digitalisierung keinen Halt. So würden Flächen inzwischen mittels Drohnen vermessen, und Kunden könnten sich die Vorschläge zur Gartengestaltung mit Hilfe von Bildbearbeitungssoftware und KI am Bildschirm anschauen. Außerdem gebe es bereits Konzepte mit sogenannten „Fühlern“, die die benötigte Gießmenge (zum Beispiel bei der Bewässerung von Allee-Bäumen) ermitteln.
Dementsprechend müssen Ausbilder das nötige Know-how erlernen, um die neuen Inhalte gewinnbringend den Auszubildenden zu vermitteln. Angebote dazu gibt es zahlreich.
„AuGaLa bietet die ‚Weiterbildung der Ausbilder’-Seminare an“, erklärt Matthias Lösch. „Diese werden von den Landesverbänden organisiert und sind für ausbildungsumlagepflichtige Betriebe kostenfrei.“ Neben Seminar-Programmen der einzelnen Landesverbände bieten die Hochschule sowie die Universität Osnabrück die vom BMBF und von der EU geförderte „Qualifizierung für Nachhaltiges Ausbilden und Wirtschaften im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau“ (NAWiGaLa) an. Einen Überblick über sämtliche Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten rund um den Garten- und Landschaftsbau erhalten Interessierte auf der Seite von Galabau Camp.
Werbekampagnen sind essenziell
„Zukünftige Fachkräfte sollten einen entsprechenden Ideenreichtum mitbringen, um die vielfältigen Kundenwünsche unter Berücksichtigung gesetzlicher und kommunaler Vorgaben und klimaneutralen Gesichtspunkten umzusetzen“, erläutert Matthias Lösch abschließend. „Grundsätzlich sollten sie natürlich ein Interesse daran haben, durch das Bepflanzen und die gärtnerische Pflege einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.“
Gründe und Anreize für eine berufliche oder akademische Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau gibt es viele. Dennoch sind auch hier – ähnlich wie in der Wasserwirtschaft – Nachwuchswerbekampagnen essenziell, um jungen Menschen die Attraktivität und Wichtigkeit des Berufsbildes zu vermitteln. Denn der Klimawandel schreitet unaufhörlich voran. Auch bei drohendem Fachkräftemangel.