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Die wichtigsten Facts aus dem Berufsbildungsbericht 2024

„Ein ‚No-Go‘ für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland“

Die guten Nachrichten vorweg: Es wurden mehr Ausbildungsverträge neu abgeschlossen – und zwar genau 489.200. Das entspricht einem zarten Plus von 3 % im Vergleich zum Vorjahr – und das über nahezu alle Zuständigkeitsbereiche hinweg. Ein Wermutstropfen bleibt: Das Vor-Corona-Niveau konnte erneut nicht erreicht werden (-6,8 % im Vergleich mit 2019). Ähnlich sah die Bilanz im Jahr 2023 auch bei Angebot und Nachfrage aus: Das Angebot blieb 2,7 % unter dem von 2019; bei der Nachfrage sah es noch deutlicher aus: -6,2 % (traditionell) bzw. -7,7 % (erweitert = Bewerber*innen mit Alternative wie z. B. ein weiterer Schulbesuch oder berufsvorbereitende Maßnahmen) im Vergleich mit 2019. Im konkreten Vorjahresvergleich kann sich die Bilanz aber durchaus sehen lassen: Das Ausbildungsangebot ist um 3,4 % auf 562.600 im Vergleich zu 2022 ein weiteres Mal gestiegen. Bei der Nachfrage nach traditioneller Definition ergab sich ein Zuwachs um 3,6 % auf 515.600. Auch die erweiterte Nachfrage ist um 3,2 % auf 552.900 gestiegen. Die Nachfragewerte stiegen dabei das erste Mal wieder seit Jahren.

9 von 10 bestandene Abschlussprüfungen 

Und es gab noch mehr gute Nachrichten, bspw. beim Thema Übernahme: Gut drei Viertel der Absolventinnen und Absolventen werden von ihrem Ausbildungsunternehmen übernommen. Das entspricht dem höchsten Wert seit dem Jahr 2000. Dabei unterstützen die ausbildenden Unternehmen ihre Fachkräfte von morgen, „sodass rund neun von zehn Kandidatinnen und Kandidaten die Abschlussprüfung bestehen“, wie der ergänzenden Stellungnahme der Gruppe der Beauftragten der Arbeitgeber zu entnehmen ist. Auch sei die berufliche Weiterbildung fester Bestandteil vieler Betriebe: „Im Zuge des lebensbegleitenden Lernens unterstützt fast jedes zweite Unternehmen die berufliche Weiterbildung seiner Beschäftigten. Pro Jahr werden rund 40 Milliarden Euro in die Personalentwicklung investiert.“

Knapp 2,9 Mio. ohne Berufsabschluss

Sorgenfalten bereiten allerdings die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen, die erneut gestiegen ist, auf mittlerweile 73.400 (+4.600). Auch die Zahl derer, die noch eine Ausbildungsstelle suchen, ist gestiegen (+3.300 auf 73.700). In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass es sich bei allen Angaben um Durchschnittswerte handelt, die je nach Region und Ausbildungsberuf stark variieren können. Das ist eine Erklärung dafür, dass Angebot und Nachfrage nicht zusammenfinden. Schlechte Nachrichten gab es auch von der Bevölkerungsgruppe junger Erwachsener im Alter von 20 bis 34 Jahren ohne Berufsabschluss – deren Anzahl ist erneut gestiegen. Waren im Jahr 2021 rund 2,64 Millionen Personen (17,8 %) betroffen, so stieg diese Zahl im Jahr 2022 auf 2,86 Millionen an (19,1 %).

Fachkräfterekrutierung und -sicherung bleiben zentrale Aufgaben 

Angesichts dieser Zahlen machte Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), trotz positiver Tendenzen klar: „Wir müssen weiterhin mehr junge Menschen für eine attraktive duale Berufsausbildung gewinnen. Auch die Potenziale der Zuwanderung gilt es besser zu nutzen. Größte Sorge bereitet mir, dass die Zahl der jungen Menschen unter 35 Jahren ohne Berufsabschluss weiter auf jetzt rund 2,9 Millionen gestiegen ist. Mittlerweile ist fast jeder Fünfte in dieser Altersgruppe davon betroffen. Das können wir uns nicht leisten, das ist ein ‚No-Go' für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Hier sind zielführende Maßnahmen gefragt. Fachkräfterekrutierung und -sicherung bleiben zentrale Aufgaben für die ganze Gesellschaft!“

Unterstützungsmaßnahmen werden gefordert 

Wie diese Herausforderungen zu stemmen sein werden, dafür hatte der Hauptausschuss des BIBB in seiner Stellungnahme bereits einige Ideen: „Die berufliche Bildung muss noch größere Wertschätzung erfahren, und die Gleichwertigkeit zur hochschulischen Ausbildung sollte gefördert werden. Um alle jungen Menschen in Ausbildung zu bringen und den Fachkräftemangel zu bekämpfen, ist es notwendig, alle Potenziale für die Berufsausbildung zu heben.“ Das BIBB macht hierfür verschiedene Unterstützungsmaßnahmen aus wie „eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Berufsorientierung sowie die Vermittlung einer Berufswahlkompetenz in allen Schulformen, um mehr junge Menschen für die Berufsbildung zu gewinnen. Eine weitere Unterstützungsmaßnahme ist die Förderung der Mobilität, beispielsweise durch ein deutschlandweites Azubi-Ticket und mehr Wohnraum für Auszubildende.“

Gut oder nicht gut – das ist hier die Frage 

So einig wie sich der Hauptausschuss bei der Sache berufliche Bildung ist, werden unterschiedliche Draufsichten dennoch spürbar: Während die Gruppe der Beauftragten der Arbeitgeber *innen es z. B. insgesamt als positiv bewertet, dass rund sechs von zehn ausbildungsberechtigten Unternehmen aktuell ausbilden und feststellt, dass die Ausbildungsbeteiligung gewachsen sei, sieht das die Gruppe der Beauftragten der Arbeitnehmer*innen erwartungsgemäß weniger rosig. Sie werden in der ergänzenden Stellungnahme wie folgt zitiert: „Auch die Lage der Ausbildungsbetriebe ist besorgniserregend. Erneut ist die Zahl der ausbildenden Betriebe gesunken und beträgt nur noch 18,9 Prozent. In der Entwicklung hin zu immer weniger Ausbildungsbetrieben lässt sich keine Trendwende erkennen. Die Ausbildung künftiger Fachkräfte liegt damit in den Händen von immer weniger Betrieben und somit auf einer zunehmend schmaleren Basis. Besonders der verstärkte Rückzug von Klein- und Kleinstbetrieben aus der Ausbildung braucht mehr Aufmerksamkeit.“

Fazit 

Der Berufsbildungsbericht ist auch in diesem Jahr wieder ein eindrucksvolles Zeugnis der Mühen aller Beteiligten um die berufliche Bildung – trotz einiger Dämpfer gibt es positive Zeichen. Auch WorldSkills Germany trägt mit seiner Expertise, den Initiativen, seinem Netzwerk und natürlich dem Ansatz „Lernen im Wettbewerb“ dazu bei, diese positiven Tendenzen zu bestätigen. Lassen Sie uns gemeinsam die berufliche Bildung weiter voranbringen!

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