Engagiert: Das Team des Beratungsservice NA beim BIBB
Es ist kein Geheimnis, und doch ist es noch nicht überall bekannt: Mit Austauschprogrammen wie Erasmus+ können nicht nur Studierende wichtige Erfahrungen sammeln, sondern auch Azubis. Wie und warum von den Austauschprogrammen neben dem Berufsnachwuchs auch Betriebe und Lehrkräfte profitieren, erklärt Theresa Mayerhöffer. Sie ist verantwortlich für den Beratungsservice in der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung — kurz: NA beim BIBB — und kennt sich auch mit den wichtigsten Fördermöglichkeiten aus.
Frau Mayerhöffer, Sie sind verantwortlich für den Beratungsservice für Auslandsaufenthalte in der Nationalen Agentur beim BIBB. Wie ist Ihr eigener beruflicher Werdegang?
Nach dem Abitur habe ich zunächst eine Ausbildung im Hotelfach angestrebt, mich dann aber für ein Studium entschieden. Ich habe unter anderem Orientalistik und Kulturgeografie studiert sowie General Management. Meinen Master habe ich in Arabistik. Unter anderem war ich auch ein Jahr in Frankreich, bin viel in der Levante gewesen. Diese Zeit hat mich geprägt. Seit 2018 arbeite ich in der Nationalen Agentur, seit 2021 als Referentin der Beratungsstelle.
Erasmus ist nicht nur etwas für Studierende, sondern auch während der Berufsausbildung oder im Anschluss möglich.“
Wie helfen Sie mit Ihrer Arbeit, das Auslandsangebot bekannter zu machen?
Unsere Vorgängerin, die „Informations- und Beratungsstelle für Auslandsaufenthalte“, kurz: IBS, hat ihren Schwerpunkt eher auf die Auszubildenden gelegt. Als Beratungsservice haben wir unser Angebot weiterentwickelt und wollen jetzt auch die Personen erreichen, die mit der Ausbildung in den Betrieben betraut sind.Außerdem haben wir die Lehrkräfte in den Schulen im Fokus und auch die Zuständigen in den Kammern, etwa Handels- oder Handwerkskammern. Überdies gibt es noch die überbetrieblichen Bildungsstätten oder die Kreishandwerkerschaften. Mit ihrem Engagement tragen sie alle als Multiplikator*innen dazu bei, dass Auszubildende auf die Auslandsangebote aufmerksam gemacht werden und ihre Chancen besser nutzen können.
(Quelle: NA beim BIBB)
Kompetente Ansprechpartnerin: Theresa Mayerhöffer
Inwieweit profitieren auch Unternehmen und Berufsschulen von den Austauschprogrammen?
Auslandsaufenthalte sind ein wichtiger Baustein für Unternehmen und berufliche Schulen, um Ausbildungsberufe attraktiver zu machen und den Fachkräftenachwuchs zu sichern. Am meisten haben aber nach wie vor die Auszubildenden von einem Austausch: Wer einmal eine Weile im Ausland gelebt und gearbeitet hat, wird das ganze Leben stolz darauf zurückschauen. Es ist eine Erfahrung, die jede*r einmal gemacht haben sollte. Und: Die Zeit im Ausland bringt eine Menge Skills mit sich, die auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt sind — allen voran Anpassungsfähigkeit und Selbstständigkeit. Auch die fachlichen Kenntnisse können gezielt für das Arbeiten in internationalen Arbeitsfeldern oder Teams weiterentwickelt werden. Zudem profitieren auch die Lehrer*innen und Ausbilder*innen selbst von vielen Programmen: Sie können sich gezielt im Ausland weiterbilden und den eigenen Unterricht weiterentwickeln. Die Förderprogramme unterstützen sie ebenfalls bei den entstehenden Kosten.
Wir haben das Europäische in unserer DNA, zugleich aber Ausbildungsmöglichkeiten in der ganzen Welt im Blick.“
Wo genau sind die Schwerpunkte Ihrer Beratung? Wie helfen Sie Ausbildungspersonal oder auch Azubis, die sich an Sie wenden, konkret?
Als wichtige Anlaufstelle informieren wir sie umfassend. Wir geben individuelle Orientierung bei der Planung, auch zu allen rechtlichen Fragen, etwa beim Thema Visum oder den Veränderungen nach dem Brexit. Wir informieren auch über die Aufenthaltsdauer, die laut Berufsbildungsgesetz (BBiG) maximal ein Viertel der gesamten Ausbildungsdauer betragen darf. Durchschnittlich dauern praxisorientierte Lernaufenthalte in Europa drei Wochen und weltweit sechs bis acht Wochen. In einigen Berufsgruppen gibt es Ausnahmen, etwa bei den Erzieher*innen: Sie nutzen das dritte Ausbildungsjahr als praktisches Anerkennungsjahr und bleiben dann gern ein ganzes Jahr im Ausland. Für viele ist vor allem die Frage entscheidend, welche Förderprogramme es gibt.
(Quelle: argum/Falk Heller)
Gut vernetzt: Die Referentin im Gespräch mit einem Erasmus-Berater
Ein wichtiger Punkt. Welche Fördermöglichkeiten gibt es denn — und wie unterscheiden sie sich?
Am bekanntesten ist sicher das europäische Programm Erasmus+. Auch in der Berufsbildung werden damit Aufenthalte bis zu einem Jahr gefördert. Dann haben wir das Förderprogramm AusbildungWeltweit, initiiert vom Bundesbildungsministerium. Hier beträgt die maximale Förderdauer drei Monate [Anm. der Redaktion: siehe auch Beitrag ab Seite 62 in dieser Ausgabe]. Überdies gibt es noch eine Reihe weiterer Angebote, etwa das deutsch-französische Programm ProTandem. Dieses besteht seit 45 Jahren und ermöglicht, einen Teil der Aus- oder Weiterbildung im Partnerland Frankreich zu absolvieren und so andere Bildungsangebote in einem neuen Umfeld kennenzulernen.
Wer fördert sonst noch Auslandsaufenthalte?
Wir haben „Azubis USA“ der Joachim-Herz-Stiftung, die Auszubildenden aus bestimmten Regionen Deutschlands College-Besuche in Georgia/USA ermöglicht. Darüber hinaus gibt es das deutsch-afrikanische Jugendwerk, das mit seiner Programmlinie Team works! Aufenthalte in Afrika fördert. Das Besondere hierbei: Azubis bilden gemeinsam mit erfahrenen Fachkräften bei den drei- bis sechswöchigen Hospitationen auf dem afrikanischen Kontinent bzw. in Deutschland ein Tandem. Das Programm wird vom Senior-Experten-Service (SES) unterstützt, der die erfahrenen Fachkräfte entsendet, und unterstützt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Weitere Programme sind beispielhaft die Schorlemer Stiftung des Deutschen Bauernverbandes, die Praktika in den grünen Berufen fördert. Und erst nach dem Brexit ist das Programm „NRW:exchange“ entstanden, das mit Landesmitteln den Austausch zwischen Nordrhein-Westfalen und Großbritannien fördert. Die Gesamtübersicht aller Förderprogramme, die Auslandsaufenthalte in der Berufsbildung fördern, gibt unser Stipendienfinder.
(Quelle: argum/Falk Heller)
Wissenstransfer: Auch Vorträge gehören zur Arbeit des Teams vom Beratungsservice.
Erzählen Sie uns mehr über die NA beim BIBB. Was sollten Bewerber*innen mitbringen, um den Job im Beratungsservice gut zu machen?
Wir sind ein Team von fünf Mitarbeiterinnen und bringen alle irgendwelche Auslandserfahrungen mit. Entweder waren wir oft auf Reisen, oder unsere Familien sind international. Das hat uns alle sehr geprägt, und diese Erfahrungen wollen wir weitergeben. Trotzdem sind wir alle recht unterschiedlich unterwegs, das merkt man auch an unseren Sprachen: Wir sprechen Spanisch, Italienisch, Arabisch und sogar Koreanisch. Wir haben das Europäische in unserer DNA, zugleich aber Ausbildungsmöglichkeiten in der ganzen Welt im Blick.
Es lohnt sich in jedem Fall, persönliche Erfahrungen im Ausland zu machen. Um zum Beispiel den eigenen Beruf neu zu entdecken.“
Und was macht Ihnen persönlich am meisten Freude?
Mich bereichert es, bei der Orientierungsarbeit zu helfen. Immer wieder stelle ich in Gesprächen fest, dass das Wissen um Auslandsaufenthalte in der Berufsbildung einfach nicht so verbreitet ist. Es kommt dann immer wieder zu tollen Aha-Momenten. Erasmus ist eben nicht nur etwas für Studierende, sondern auch während der Berufsausbildung oder im Anschluss möglich. Es lohnt sich in jedem Fall, persönliche Erfahrungen im Ausland zu machen. Um zum Beispiel den eigenen Beruf neu zu entdecken. Oder beim Vergleichen in der Fremde einfach festzustellen, dass es einem in Deutschland in der heimischen Umgebung sehr gut geht.