1 + 2 Danny McBean aus Großbritannien bei der Fehlersuche und Wartung einer Windkraftanlage.
Deutschland steht vor großen Herausforderungen und Chancen in der Energiewende. Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften für erneuerbare Energien wächst stetig. International investieren Nationen wie Japan, Brasilien und Großbritannien bereits intensiv in die Ausbildung junger Menschen im grünen Sektor. Eine Möglichkeit, die Qualität der Ausbildung im eigenen Land weiterzuentwickeln, nutzen diese Länder beispielsweise durch die Ausrichtung nationaler und die Teilnahme an internationalen Berufswettbewerben.
Die Weltmeisterschaft der Berufe, WorldSkills, sind eine praxisnahe Plattform für junge Fachkräfte, um sich mit den besten Talenten der Welt zu messen. Gerade in einem Land wie Deutschland, das ambitionierte Klimaziele verfolgt und stark in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert, könnte die Teilnahme in der Disziplin „Renewable Energy“ zahlreiche Vorteile mit sich bringen. Die Praxisnähe des Wettbewerbs bereitet die Teilnehmenden optimal auf die Herausforderungen der Energiewende vor. Junge Fachkräfte könnten so von globalen Best Practices lernen und ihre Fähigkeiten in einem hochkompetitiven Umfeld messen. Dies würde die Qualität der Ausbildung steigern und einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs im Bereich erneuerbare Energien leisten. Der Wissenstransfer mit anderen Nationen würde neue Impulse geben und Innovationen fördern. Darüber hinaus könnte die Teilnahme das Interesse junger Menschen an Berufen im Bereich erneuerbarer Energien stärken.
Nationen wie Japan, Brasilien und Großbritannien haben das Potenzial dieser Disziplin erkannt und investieren gezielt in die Ausbildung junger Talente. Ihre Erfahrungen zeigen, wie eine starke Verbindung zwischen Ausbildung, Industrie und internationalen Wettbewerben zur Fachkräfteentwicklung beitragen kann.
Internationale Erfahrungen: Wachstum der Disziplin „Renewable Energy“
Erstmals wurde die Disziplin „Renewable Energy“ 2022 bei der WorldSkills Competition Special Edition ausgetragen – damals mit drei teilnehmenden Nationen. 2024 in Lyon waren es bereits fünf: Japan, China, Indien, Großbritannien und Brasilien. Die steigende Zahl zeigt das wachsende globale Interesse an nachhaltigen Technologien und zukunftsorientierter Ausbildung. Auch wenn fünf Teilnahmeländer zunächst wenig sein mögen, so ist es für viele Nationen nicht ganz leicht, ausfindig zu machen, welche Ausbildungsberufe und damit welche Fachkräfte am Wettbewerb teilnehmen könnten.
„Unsere Wettkampfteilnehmenden kommen aus Lehrgängen für die industrielle Ausbildung im Bereich Elektrizität und Elektronik sowie aus technischen Ausbildungen wie Elektroniker und Techniker für erneuerbare Energiesysteme. Derzeit bieten wir an 14 Schulen in 10 Bundesstaaten das Programm für erneuerbare Energiesysteme an“, erläutert Gustavo Leal Sales Filho, Generaldirektor von SENAI, dem Nationalen Dienst für Industrielle Ausbildung in Brasilien, und Offizieller Delegierter von WorldSkills Brasil. „Wir konzentrieren uns auf Solar-Photovoltaiksysteme, Windenergie, Biomasse-Stromerzeugung und grüne Energiesysteme.“
Wettkampfanforderungen: Theorie und Praxis auf höchstem Niveau
Brasilien liegt mit seiner Ausbildung und der Teilnahme an den Wettbewerben damit genau richtig. Denn die Wettkampfaufgaben der Disziplin „Renewable Energy“ decken ein breites Feld ab: von der Installation und Wartung von Photovoltaikanlagen über den Betrieb und die Absicherung von Windkraftsystemen bis hin zu Drohneninspektionen und der Planung neuer Energieprojekte. In Modulen wie der Inbetriebnahme von PV-Anlagen oder der Fehlererkennung mit Drohnen wird praxisnahes Wissen abgefragt, das direkt auf reale Herausforderungen in der Energiebranche vorbereitet. Weitere Module umfassen die Programmierung von Energiemanagementsystemen, die Analyse von Energieeffizienz sowie den Aufbau von Hybridenergiesystemen. Die Teilnehmenden müssen nicht nur technisches Know-how, sondern auch Problemlösungsfähigkeiten und Präzision unter Beweis stellen.
Ausbildungswege und Training: Ein Blick nach Japan, Brasilien und Großbritannien
Japan triumphierte bei der Weltmeisterschaft der Berufe 2024, als Takumi Gunyasu die Goldmedaille gewann. China und Indien holten Silber und Bronze. Nach der Silbermedaille 2022 (China gewann Gold, Indien Bronze), war dies eine Leistungssteigerung für Japan. Dabei kam der Impuls zur Teilnahme an den Wettbewerben aus der Wirtschaft. „Ein Elektroinstallationsunternehmen aus unserem Netzwerk, eines der führenden Unternehmen der Branche, zeigte Interesse an der Teilnahme in dieser Disziplin“, berichtet Hiroshi Akimoto, Offizieller Delegierter von WorldSkills Japan. „Deshalb forderten wir sie auf, einen Unterausschuss für die Disziplin zu gründen.“ Unterausschüsse gibt es bei WorldSkills Japan für jede Wettkampfdisziplin. Sie subsummieren sich im sogenannten „Competitor Strengthening Committee“, das zur Verbesserung der Leistung der Wettkampfteilnehmenden eingeführt wurde. Innerhalb des Unterausschusses wurden dann Trainingspläne erstellt und das Training für die Teilnehmenden umgesetzt.
Auch in Brasilien spielt die Vernetzung mit der Wirtschaft eine zentrale Rolle. Sie stärkt die Verbindung zwischen Ausbildung und Industrie und sorgt für praxisnahe und zukunftsorientierte Schulungsinhalte. „Wir gehen Partnerschaften mit Unternehmen ein, um unseren Teilnehmenden und Trainern neue Technologien und Schulungen anbieten zu können. Die Schulung der Trainer ist ein zentraler Punkt, da sie es uns ermöglicht, neue Kompetenzen und Fähigkeiten in unsere regulären Ausbildungsprogramme einzubringen“, unterstreicht Gustavo Leal Sales Filho. „Auch haben wir eine Partnerschaft mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit.“
Großbritannien setzt auf eine zukunftsorientierte Strategie. „Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften im Bereich erneuerbare Energien wächst exponentiell und Großbritannien ist bestrebt, durch entsprechende Ausbildungsprogramme erstklassige Talente zu entwickeln“, sagt Chris Turnbull, Training Manager für die Disziplin „Renewable Energy“ bei WorldSkills UK. Teilnehmende aus Großbritannien werden in der Regel in Elektroinstallation, Maschinenbau und Windturbinentechnologie ausgebildet. „Diese Disziplinen bilden das Rückgrat der Infrastruktur für erneuerbare Energien und vermitteln grundlegendes Wissen und praktische Erfahrung.“ Die britischen Ausbildungsprogramme legen dabei den Schwerpunkt auf die Anwendung in der Praxis, Sicherheit und Nachhaltigkeit. „Wir stellen sicher, dass Auszubildende und Studierende das technische Fachwissen erwerben, das für die Arbeit mit modernsten Technologien erforderlich ist“, so Chris Turnbull. Auch lege man in Großbritannien Wert auf kontinuierliche Forschung, starke Verbindungen zur Industrie und aktives berufliches Engagement, um sicherzustellen, dass die Ausbildung und die Wettbewerbsteilnehmenden an der Spitze der Entwicklungen in der Industrie bleiben. „Partnerschaften mit Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien, die Teilnahme an globalen Foren und die Zusammenarbeit mit akademischen Einrichtungen ermöglichen es uns, die neuesten technologischen Fortschritte in unsere Schulungsprogramme zu integrieren. Vor allem aber treibt eine echte Leidenschaft für die Branche Lehrende und Lernende an, Grenzen zu überschreiten und innovative Lösungen zu erforschen“, betont Chris Turnbull.
Die Teilnahme am Wettbewerb bietet uns die Möglichkeit, globale Trends bei neuen Technologien zu verstehen und Zugang zu diesen zu erhalten sowie von internationalen Unternehmen anerkannt zu werden.“
Mehrwert der Teilnahme: Wissenstransfer und Motivation
Die Teilnahme an den WorldSkills bringt den beteiligten Nationen vielfältige Vorteile. In Japan werden junge Talente motiviert, ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln und in der beruflichen Bildung aktiv zu werden.
Brasilien profitiert vom internationalen Austausch und dem Zugang zu neuen Technologien und Lehrmethoden. „Die Teilnahme am Wettbewerb bietet uns die Möglichkeit, globale Trends bei neuen Technologien zu verstehen und Zugang zu diesen zu erhalten sowie von internationalen Unternehmen anerkannt zu werden“, sagt Gustavo Leal Sales Filho. Dies und der internationale Erfahrungsaustausch sowie das Kennenlernen von Lern- und Bewertungsmethoden ermögliche es Brasilien, die Infrastruktur von Schulen zu verbessern und die Erfahrungen von Techniker*innen und Lehrkräften zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Punkt: „Die Teilnehmer sind nach ihrer Rückkehr vom Wettbewerb aufgrund der Reife, die sie durch die Wettbewerbserfahrung gewonnen haben, und ihres technischen Wissens bei Unternehmen sehr gefragt.“
Chris Turnbull von WorldSkills UK unterstreicht die für Großbritannien wichtigsten Aspekte zur Teilnahme an den WorldSkills-Wettbewerben: „Die Wettbewerbe ermöglichen es, unsere Kompetenzen mit internationalen Best Practices zu vergleichen. Außerdem können wir Ausbildungsprogramme gestalten, die die höchsten Industriestandards widerspiegeln, und zukünftige Fachkräfte ausbilden, die für die Industrie bereit und weltweit wettbewerbsfähig sind.“ Gleichzeitig leistet Großbritannien einen Beitrag zum weltweiten Austausch über den Bereich der erneuerbaren Energien und die Weiterentwicklung von Arbeitskräften. „Mit unserem Engagement stellen wir sicher, dass die britischen Ausbildungsprogramme weiterhin auf die Bedürfnisse der Industrie abgestimmt sind und gleichzeitig eine zentrale Rolle bei der weltweiten Weiterentwicklung von Lösungen für erneuerbare Energien spielen“, so Turnbull.
Fazit: Deutschland sollte nicht länger zögern
Fakt ist: Die WorldSkills-Disziplin „Renewable Energy“ zeigt eindrucksvoll, wie internationale Wettbewerbe zur Fachkräfteentwicklung und Innovationsförderung beitragen können. Japan, Brasilien und Großbritannien machen es vor – Deutschland sollte nicht länger zögern, diesem Beispiel zu folgen.
Mit unserem Engagement stellen wir sicher, dass die britischen Ausbildungsprogramme weiterhin auf die Bedürfnisse der Industrie abgestimmt sind und gleichzeitig eine zentrale Rolle bei der weltweiten Weiterentwicklung von Lösungen für erneuerbare Energien spielen.“