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Welchen Stellenwert hat Künstliche Intelligenz in der Ausbildung?

Murf, DALL-E, ChatGPT & Co.

Künstliche Intelligenz war bisher vor allem in Berufen mit IT-Bezug präsent. Inzwischen hat KI aber auch in allen anderen Branchen einen höheren Stellenwert und ist mitunter zum relevanten Faktor der eigenen Wettbewerbsfähigkeit geworden. Das bildgenerierende Programm DALL-E unterstützt bei der Mediengestaltung, der Stimmengenerator Murf erstellt Voiceovers für Präsentationen in verschiedenen Sprachen, in der Automobilfertigung helfen KI-gesteuerte Roboter bei der Fertigung. Expert*innen sind sich einig: Damit Fachkräfte auf den Arbeitsalltag vorbereitet sind, muss zumindest ein Basiswissen über die Funktionsweise Künstlicher Intelligenz in die Ausbildung eingebunden werden. Auszubildende müssen zudem lernen: Welche Künstliche Intelligenz lässt sich für welche Aufgaben am sinnvollsten einsetzen? Doch: „Bis heute hängt es vom Engagement und den Ressourcen des Betriebs und der Berufsschule ab, ob Auszubildende digitale Rahmenbedingungen vorfinden oder eben nicht“, wie Dr. Christa Larsen, Leitung des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur, im Rahmen einer Machbarkeitsstudie erklärte. In den Rahmenlehrplänen ist das Thema allerdings bisher nicht verankert. Um diese Lücke zu schließen, gibt es Projekte wie „KI in der Berufsbildung“ des Fraunhofer Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) oder „KI B³ – Künstliche Intelligenz in die Berufliche Bildung bringen“ der IHK Karlsruhe. 

Auch Lehrkräften fehlen vielfach Grundlagen 

„KI-Bedarf ergibt sich in allen Branchen, weil KI eine Schlüsseltechnologie ist, die viele Prozesse und Produkte verbessern, optimieren oder neugestalten kann“, erklärt Marina Keppler, Referentin Aus- und Weiterbildung, die zum Projektteam der IHK Karlsruhe gehört. „KI B³“ soll Auszubildende befähigen, als spätere Fach und Führungskräfte Künstliche Intelligenz zielführend einzusetzen – über die Zusatzqualifikation „Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen“. Dabei handelt es sich um Grundlagen, die auch Lehrkräften offenbar vielfach noch fehlen, wie Keppler berichtet: „Ich hatte erst letzte Woche Gelegenheit, mit zwei Lehrkräften zu sprechen und beide haben mir bestätigt, dass viele Lehrkräfte in Baden-Württemberg bisher keine Kompetenzen in KI mitbringen und daher dieses Wissen auch nicht weitergeben können.“ Auch wichtige Aspekte wie Datenschutz lassen sich laut Thorsten Leimbach, Projektleiter vom Fraunhofer IAIS, nur schwerlich ohne eine gewisse Basiskompetenz der Lehrkräfte im Unterricht erörtern.

Wie es dagegen in den Betrieben aussehe, sei laut Keppler nicht so leicht zu beantworten: „Wir erleben, dass Ausbilderinnen und Ausbilder über unterschiedliche KI-Kompetenzen verfügen; die Gründe hierfür sind vielfältig.“ Unternehmen, die bereits KI-Technologien nutzen, würden auch häufig über KI-Kompetenz in den eigenen Reihen verfügen, und es gebe hier weniger Berührungsängste und Hemmnisse.

Thorsten Leimbach, Projektleiter beim Fraunhofer Institut, unterstreicht noch einen weiteren Aspekt: „Bislang war KI etwas, das immer nur Studierenden zugänglich war.“ Der eLearning- Kurs „KI in der Berufsbildung“ richtet sich primär an Berufsschullehrkräfte und Ausbildungspersonal. Da die Trainings sehr offen gestaltet sind, wären sie laut Leimbach aber auch für Auszubildende und alle anderen KI-Interessierten geeignet: „Man lernt hier etwas fürs Leben und seinen eigenen Beruf. Das sind Themen, die einem grundsätzlich bei der Herangehensweise und beim Lösen von Problemen helfen.“ Generell wolle man zeigen, welche Chancen KI für den eigenen Beruf mit sich bringe. 

Wo wird KI eingesetzt? 

Gemeinsam mit ihrer Kollegin Dr. Antje Schweitzer von der Uni Stuttgart führt Marina Keppler konkrete Beispiele an, wo KI schon heute angewendet wird: „Beim Handel und Konsum können Lieferketten optimiert, Kundenberatung personalisiert, Produktempfehlungen angepasst oder Preise dynamisch gestaltet werden.“ Auch im Gesundheits- und Pharmabereich könne Künstliche Intelligenz Diagnose und Therapie unterstützen, die Medikamentenentwicklung beschleunigen, Prävention und Gesundheitsförderung verbessern oder die Verwaltung vereinfachen.

Thorsten Leimbach nennt auch Branchen, die nicht unmittelbar mit KI assoziiert werden, wie etwa den Friseurberuf. Hier können die Kund*innen irgendwann schauen, wie der neue Haarschnitt aussehen wird, bevor die Fachkraft Hand anlegt. Die Basis für den Umgang mit solchen und anderen KI-basierten Apps können Auszubildende berufsfeldbezogen beim Fraunhofer IAIS erlernen. Der Geschäftsfeldleiter „Smart Coding and Learning“ bestätigt, dass es Ausbildungsbereiche gibt, in denen die Nachfrage schon jetzt höher ist. „Kurz gesagt: bei allen, die mit Produktionsprozessen, Abläufen und informativen Inhalten zu tun haben.“ Auch bei Bürojobs sieht Leimbach aktuell starke Veränderungen, beispielsweise hätten viele Agenturen angefangen, Texte und Bilder durch KI generieren zu lassen.

Erste Schritte zur Integration von KI in der Berufsausbildung 

Damit die Teilnehmenden dahin kommen, Künstliche Intelligenz wirklich nutzen zu können, beginnt das Projekt des Fraunhofer Instituts erst einmal mit den Grundlagen des Programmierens. Laut Leimbach sei es wichtig „algorithmisches Denken“ zu lernen, um zunächst zu klären, welche Logik hinter einer KI steckt und wie es funktioniert, einer Maschine etwas zu erzählen oder beizubringen. Das nächste Modul beschäftigt sich mit „Computational Thinking“, also logisch und vor allem abstrakt über Probleme nachzudenken, ähnlich wie es in der Mathematik geschieht. Mathematisches Denken beinhaltet, Muster zu erkennen, Beziehungen zu analysieren und Lösungen anhand mathematischer Regeln zu finden. Zum Abschluss des Moduls sollen die Teilnehmenden selbst eine Künstliche Intelligenz programmieren. Wer den Kurs absolvieren möchte, kann je nach Kenntnisstand und Interesse alle drei oder nur einzelne Module absolvieren.

Die Zusatzqualifikation der IHK vermittelt den Auszubildenden ein Grundlagenverständnis von Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen und schließt mit einer Prüfung ab. Zudem wird das IHK-Bildungszentrum Karlsruhe zukünftig Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Fortbildungsabschlüsse „Geprüfter Berufsspezialist für Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen“ und „Bachelor Professional in Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen“ anbieten. 

Umgang mit KI bringt auch Herausforderungen mit sich 

Neben der Vermittlung der Fähigkeiten, legen die Expert*innen Wert auf einen weiteren Aspekt: den Datenschutz. Denn selbst wenn die Auszubildenden KI nur zur Unterstützung einer Aufgabe nutzen, müssen sie darauf achten, dass sie keine personenbezogenen Daten oder Firmengeheimnisse preisgeben. „Die Herausforderung besteht darin, generell herauszufinden, wo KI sinnvoll und verantwortungsbewusst eingesetzt werden kann und wo nicht“, erklärt Antje Schweitzer.

Thorsten Leimbach sieht noch eine weitere Schwierigkeit: zu differenzieren, ob etwas von einer KI oder einem Menschen erstellt wurde. „Es sind gerade erst Bilder vom Papst oder von einer Explosion am Pentagon durch die Medien gegangen, die durch eine KI erzeugt wurden. Auch bei E-Mails wird es die Herausforderung geben, zu unterscheiden, ob das eine betrügerische Mail ist oder ob sie wirklich von einer Kollegin oder einem Kollegen kommt.“ Hier kommen dann auch Fragen zu den Urheberrechten dazu, die von Auszubildenden beachtet werden müssen.

Leimbach, Keppler und Schweitzer sind überzeugt: Mit der Weiterentwicklung der KI werden auch die Herausforderungen fortschreiten, weshalb eine Sensibilisierung für die Problematik wichtig sei. Derweil scheint das Interesse an den Weiterbildungen sowohl bei den Ausbildenden als auch bei den Auszubildenden hoch zu sein. Beide Projektangebote würden gut angenommen. Für die Zusatzqualifikation bekommt die IHK Karlsruhe sogar Anfragen von Berufsschulen aus anderen Bundesländern. 

KI schon bei der Berufswahl bedenken 

Unabhängig davon, in welchem Kontext mit Künstlicher Intelligenz gearbeitet wird, findet Leimbach wichtig, dass immer mitbedacht werde, dass hinter jeder KI wiederum eine menschliche Intelligenz stecke. „Die werden programmiert mit den Stärken und Schwächen oder mit den kulturellen Hintergründen, die die Programmiererinnen und Programmierer mitbringen“, sagt Leimbach und nennt noch einen Aspekt, den Lehrende weitergeben sollten: „Gut wäre es, wenn die Ausbilderinnen und Ausbilder vermitteln, dass KI zukünftig und zwar mittelfristig unser Leben gravierend verändern wird. Und dass man auch darüber nachdenken sollte, was das für uns bedeutet. Man sollte sich schon bei der Berufswahl fragen, wo die Chancen und Risiken von KI stecken.“

 

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