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Zielgruppe mit Lust auf Arbeit, Zeit und Know-how — und wichtig für Unternehmen?

Rentner*innen im Un-Ruhestand

„Wir waren uns damals nicht im Klaren, was wir hier wirklich losgetreten haben. Was aus einer kleinen Kaffeeidee entstand, fand auf einmal überall in der Schweiz und sogar weltweit große Beachtung“, erzählt Reto Dürrenberger. Heute hat die Plattform mehr als 5.000 Mitglieder und fast ebenso viele Kund*innen. Rentner*innen bieten dort ihre Arbeitskraft an: Sie unterstützen Unternehmen im Marketing, bei Rechts oder Versicherungsthemen oder bieten Privatpersonen, Familien und Alleinstehenden Nachhilfe an oder gehen mit Hunden Gassi. Am meisten nachgefragt werden handwerkliche Tätigkeiten in Haus und Garten. 

Was machen deutsche Rentner*innen? 

Einen interessanten Überblick zur Situation deutscher Rentner*innen gibt die Studie „Rentnerinnen und Rentner am Arbeitsmarkt“ des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2022. Hierin wird auch die Entwicklung der Beschäftigung aufgezeigt: So stieg der Anteil der 60- bis 85-jährigen erwerbstätigen Rentenbeziehenden von 5,1 % im Jahr 1996 auf 11,6 % 2014. 2017 waren es bereits 13,6 %. Und deren Zahl dürfte weiter steigen, seitdem vergangenes Jahr die Hinzuverdienstgrenze für Frührentner weggefallen ist. Nun wird die Rente nicht mehr wie zuvor üblich gekürzt, wenn ein Gehalt von 6.300 Euro im Jahr überschritten wird.

Steigende Zahlen arbeitswilliger Senior*innen sind eine Entwicklung, die auch Reto Dürrenberger bestätigen kann – vor 15 Jahren, zur Gründung des Onlineportals, klang der Einsatz von Rentner*innen im Arbeitsmarkt geradezu absurd, erinnert er sich: „Als wir die Idee hatten, mussten wir erst eine Art Verhaltensänderung erzielen. Damals war der Gedanke, dass Rentner weiterarbeiten können und wollen, noch gar nicht in den Köpfen der Gesellschaft. Auch heute noch trauen viele Leute Rentnern bestimmte Tätigkeiten nicht zu.“ Darüber kann er nur den Kopf schütteln: „Ein Rentner hat meistens Zeit, ist günstiger oder bietet bspw. Tätigkeiten an, die sonst niemand macht. Außerdem genießt er hohes Vertrauen.“ 

Eher Ausnahme als Regel 

Dennoch: Die Regel ist der Einsatz von Rentner*innen auch in Deutschland nicht. Laut Statistischem Bundesamt sind knapp 1,5 Millionen Erwerbstätige 65 Jahre und älter. 15 Prozent der 65- bis 69-jährigen, 13 Prozent der 70- bis 74-jährigen, aber nur 2 Prozent der noch älteren Rentner*innen gehen einer bezahlten Arbeit nach. Welche das ist, auch darauf finden sich Antworten in der Studie: „Bei Erwerbstätigkeit im Ruhestand kann es sich sowohl um die Fortführung der beruflichen Tätigkeit über den Rentenbeginn hinaus handeln – meist mit reduzierter Arbeitszeit – als auch um die Aufnahme einer neuen abhängigen oder selbstständigen Tätigkeit im Rentenalter.“ Welche Rolle Unternehmen dabei spielen, wird im Fazit der IAB-Studie beleuchtet: „So zeigen Westermeier und Wolf (2020), dass immer mehr Betriebe rentenberechtigte Beschäftigte halten wollen. Bislang erfolgt dies allerdings überwiegend durch das Angebot von Minijobs neben der Rente, wenngleich auch zunehmend die Flexirente mit der Möglichkeit des rentensteigernden Hinzuverdienstes zur Altersrente angeboten wird.“ 

Spaß an der Arbeit und soziale Kontakte im Fokus 

Auf sogenannte rentenberechtigte Beschäftigte setzt auch WorldSkills Germany-Mitglied und Sondermaschinenbauer HAHN Automation aus Rheinböllen: „Wir beschäftigen derzeit zwei Mitarbeitende, die normalerweise längst in Rente wären. Ein weiterer ist nach 24 Monaten Beschäftigung als Rentner Ende des Jahres endgültig in den Ruhestand gewechselt. Der finanzielle Anreiz für die Betroffenen ist sehr gut“, berichtet Pascal Tailliar, Head of People & Culture des Unternehmens. Neben dem Zusatzverdienst zu Pension und Rente hat Reto Dürrenberger eine weitere Motivation seiner älteren Klientel ausgemacht: „Der Austausch mit anderen Generationen ist ihnen sehr wichtig, auch die Bestätigung, gebraucht zu werden.“

Das zeigen auch die Studienergebnisse des IAB: „Während die meisten Rentenbeziehenden nichtmonetäre Gründe für ihre Erwerbsarbeit angeben – etwa Spaß an der Arbeit oder das Bedürfnis nach einer sinnvollen Aufgabe und sozialen Kontakten – spielen bei 43 Prozent auch finanzielle Motive eine Rolle.“ Gibt es auch Gründe, warum die einen arbeiten wollen und die anderen nicht? „Nicht erwerbstätige Rentenbeziehende haben ganz überwiegend keinen Erwerbswunsch mehr und sehen mehrheitlich keine finanzielle Notwendigkeit zu arbeiten“,klärt die Studie auf. Auch als Lösung des vielzitierten Fachkräftemangels taugt der Einsatz der älteren Generation laut IAB nicht: „Die Aufstockung des Alterseinkommens durch Erwerbstätigkeit ist aber keine (dauerhafte) Option für alle Personen im Ruhestand, ersetzt nicht die Notwendigkeit zum Aufbau einer ausreichenden Alterssicherung vor Beginn des Ruhestands und wird den demografiebedingten Rückgang des Arbeitskräftepotenzials nicht aufhalten.“

Peter Hiltebrand, quasi der Katalysator für das Schweizer Vermittlungsportal für Rentner*innen, hat das Wachstum des Portals eng begleitet, an Awardverleihungen teilgenommen und von seinen Erfahrungen berichtet. „Das war noch mal ein Höhepunkt für ihn im Rentenalter“, sagt sein Schwiegersohn. Heute ist der Pensionär endgültig im Ruhestand angekommen und konzentriert sich auf seine Gesundheit.

 

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