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Produktionsschulen in Deutschland: Bildung als zentrales Element für individuelle Entfaltung und gesellschaftliche Teilhabe

Alternative Bildungsmodelle

Diese Orte, die oft als Brücke zwischen Schule und Arbeitswelt fungieren, haben sich zum Ziel gesetzt, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch Barrieren abzubauen und grenzenlose Bildung zu ermöglichen. Sie verstehen sich als alternatives Bildungsmodell, welches die klassischen Bildungswege „Schule plus Studium“ und „Betrieb plus Berufsschule“ oder „Duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule" ergänzt.

Produktionsschulen sind eine besondere Form der beruflichen Bildung, die sich vor allem an Jugendliche und junge Erwachsene richtet, die Schwierigkeiten haben, in den regulären Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt einzutreten. Sie kombinieren schulische Bildung mit praktischen Erfahrungen in einer produktiven Umgebung, wo die Teilnehmenden an realen Projekten arbeiten und gleichzeitig ihre sozialen und beruflichen Fähigkeiten entwickeln. Dies fördert nicht nur das praktische Lernen, sondern auch die Entwicklung von Softskills wie Teamarbeit, Kommunikation und Problemlösungsfähigkeiten.

Stärkung des Selbstwerts im Fokus

Die Hauptzielgruppe von Produktionsschulen sind junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren, die aus verschiedenen Gründen, wie beispielsweise schulischen Schwierigkeiten, sozialen Benachteiligungen oder persönlichen Herausforderungen, keinen Abschluss durch das reguläre Bildungssystem erlangen konnten. Produktionsschulen bieten diesen Jugendlichen die Möglichkeit, ihre Talente zu entdecken und zu fördern. Laut Maelene Lindgren, Geschäftsführerin des Bundesverband Produktionsschulen e. V., variieren die Bedarfe der Jugendlichen stark. „Bei fast allen ist die Stärkung des Selbstwerts nach früheren Negativerlebnissen sehr wichtig“, sagt sie. Daher stehen „Tagesstruktur zu haben, Fähigkeiten zu erlernen, relevante Inhalte alleine und in der Gruppe gestalten, Ressourcen wiederfinden und gemeinsam berufliche Perspektiven schaffen sowie Selbstwirksamkeit “ im Vordergrund.

Das Konzept der Produktionsschulen basiert auf praxisorientierten Lernansätzen. Dieser Prozess dauert bis zu zwei Jahre. Die Teilnehmenden arbeiten in Werkstätten oder Projekten, die oft in Kooperation mit Unternehmen oder sozialen Einrichtungen durchgeführt werden. Diese Projekte können unterschiedlichster Art sein, von handwerklichen Tätigkeiten über kreative Arbeiten bis hin zu Dienstleistungen. Die angebotenen Konzeptionen qualifizieren anschießend für Tätigkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen, wie etwa Handwerk, Medien, Handel, Dienstleistung, Landwirtschaft, Gastronomie und viele mehr.

Produktionsschulen setzen sich aktiv dafür ein, Barrieren im Bildungssystem abzubauen. Durch ihre flexiblen Lernkonzepte und individuell angepassten Angebote schaffen sie ein Umfeld, in dem alle Teilnehmenden die Unterstützung erhalten, die sie benötigen.“

Grenzenlose Bildung

Barrierefreiheit ist ein grundlegendes Prinzip, das sicherstellen soll, dass alle Menschen, unabhängig von ihren physischen, psychischen oder sozialen Voraussetzungen, Zugang zu Bildung haben. In vielen traditionellen Bildungseinrichtungen sind jedoch noch immer erhebliche Barrieren vorhanden. Diese können physischer Natur sein, etwa fehlende Rampen oder Aufzüge, oder sich in der Lehrmethodik und -organisation zeigen, die nicht auf die unterschiedlichen Lernbedürfnisse aller eingehen.

Produktionsschulen setzen sich aktiv dafür ein, Barrieren im Bildungssystem abzubauen. Durch ihre flexiblen Lernkonzepte und individuell angepassten Angebote schaffen sie ein Umfeld, in dem alle Teilnehmenden die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Dies kann durch spezielle Fördermaßnahmen, die Anpassung von Lehrmaterialien oder die Bereitstellung von zusätzlichem Personal geschehen. Sie erhalten beispielsweise die Möglichkeit, individuelle Lernpläne zu erstellen, die auf ihre Stärken und Schwächen zugeschnitten sind. Dies fördert ein personalisiertes Lernumfeld. Um sicherzustellen, dass Lehrende und pädagogisches Personal auf die Bedürfnisse aller eingehen können, werden regelmäßige Schulungen zu Themen wie Inklusion und Diversität angeboten.

Das Konzept der grenzenlosen Bildung geht über die bloße Vermittlung von Wissen hinaus. Es umfasst die Idee, dass Bildung für alle zugänglich und anpassbar sein sollte. Produktionsschulen leben dieses Prinzip, indem sie ein inklusives Lernumfeld schaffen, in dem Vielfalt als Stärke angesehen wird. Hierbei wird nicht nur auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Teilnehmenden Rücksicht genommen, sondern auch auf deren individuelle Lebens­realitäten. Den entscheidenden Unterschied macht für die Jugendlichen laut Maelene Lindgren „das Gefühl des ­gefördert Werdens“. Jugendliche fühlen sich angenommen und unterstützt. „Viele erleben dort erstmals in ihrem Leben, dass an sie geglaubt wird als Personen, die mitgestalten können, Verantwortung tragen und positive Dinge tun – das versetzt Berge. Die Jugendlichen erleben sich als selbstwirksam, sie werden als Person mit Potenzialen betrachtet, dürfen sich ausprobieren, lernen Basics wie Zuverlässigkeit, erleben tragfähige Beziehungen, soziales Miteinander, Kundenkontakte, dürfen Verantwortung übernehmen und produzieren. Das wirkt.“

Produktionsschulen bieten eine innovative Antwort auf die Herausforderungen, die besonders benachteiligte Gruppen im Bildungssystem erleben.“

Ein Konzept für alle

In Deutschland gibt es etwa 200 Produktionsschulen. Viele davon haben sich dem Bundesverband Produktionsschulen e. V. angeschlossen, um ihre Arbeit und ihr Auftreten miteinander zu koordinieren und aktiv am Chancenverbesserungssystem mitzuwirken. Die vom Bundesverband festgelegten Qualitätsstandards sorgen dafür, dass die Konzepte einem bundesweit einheitlichen Niveau folgen. Etwa 8.000 Jugendliche gehen in Deutschland jährlich den Weg über die Produktionsschulen, um ihre Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern und den Anschluss an den Arbeitsmarkt zu finden. Gut 70 % der Absolvent*innen finden im Anschluss den Weg ins Berufsleben.

„Das Potenzial von Produktionsschulen wird oft verkannt“, resümiert Maelene Lindgren. Sorgen bereitet ihr vor allem die Finanzierung der Produktionsschulen. „Häufig sind dies Finanzierungen, die stets auf zwei Jahre begrenzt sind: Das schafft Unsicherheit für Teilnehmende wie Mitarbeitende. Aktuell steht nach über 10 Jahren erfolgreicher Arbeit beispielsweise die Produktionsschule in Chemnitz vor dem Aus, da sie keine Weiterförderung erhalten hat.“ Für die Jugendlichen vor Ort bedeutet dies ein erneuter Bildungsabbruch. „Wir wünschen uns, Produktionsschulen als Orte der Bildung zu verankern, die Jugendliche in ihrer Individualität fördern und vielfältige Möglichkeiten des Lernens und Ausprobierens bilden. An vielen Orten passiert bereits Produktionsschule, ohne dass dies explizit so benannt wird – dies liegt an unterschied­lichen Finanzierungen, die sich nach den Ländern richten. Hier eine Einheit zu schaffen, wäre wünschenswert.“

Grenzenlose Bildung ist nicht nur ein Ideal, sondern wird in Produktionsschulen aktiv gelebt. Nur so kann sichergestellt werden, dass jeder Mensch die Chance auf eine erfolgreiche und erfüllte Bildungskarriere erhält – unabhängig von seinen individuellen Voraussetzungen.“

Wertvolle Ergänzung der Bildungslandschaft

Produktionsschulen stellen eine wertvolle Ergänzung im Bildungsbereich dar, da sie jungen Menschen, die die traditionellen Bildungswege nicht erfolgreich beschreiten konnten, neue Perspektiven eröffnen. Sie leisten einen wertvollen Beitrag zur Schaffung einer barrierefreien und inklusiven Bildungslandschaft in Deutschland. Durch ihre flexiblen Lernansätze und die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse fördern sie nicht nur die persönliche Entwicklung der Teilnehmenden, sondern auch deren gesellschaftliche Teilhabe. Grenzenlose Bildung ist nicht nur ein Ideal, sondern wird in Produktionsschulen aktiv ge­lebt. Nur so kann sichergestellt werden, dass jeder Mensch die Chance auf eine erfolgreiche und erfüllte Bildungskarriere erhält – unabhängig von seinen indivi­duellen Voraussetzungen.

Bild: Adobe Stock

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Weitere Informationen finden Sie unter:

www.bv-produktionsschulen.de/uber-uns

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