1 Bei den RoboRup German Open 2025 präsentierte das Team AutonOHM seinen Roboter dem bayerischen Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Hubert Aiwanger.
Es sind autonome humanoide Roboter, die in etwa 25 Jahren den amtierenden Fußball-Weltmeister besiegen sollen. Was wie eine originelle Science-Fiction-Story klingt, ist die Vision der Gründer des RoboCups — einem jährlich ausgetragenen Roboter-Wettbewerb, der erstmals 1997 stattfand und seitdem eine stetig größere Leuchtkraft entfaltet. Kein Wunder, denn die Bedeutung von Robotik in unserem Alltag wächst, und damit auch die Begeisterung für die technischen Fortschritte und den damit einhergehenden neuen Möglichkeiten. Schon jetzt heißt es: Kick it like a robot!
Der RoboCup gilt längst als eine der führenden Plattformen für Künstliche Intelligenz und Robotik in Europa. Mehr als 1.000 Aktive aus 12 Nationen waren in diesem Jahr zu den German Open nach Nürnberg gereist, um ihren Teil zu diesem ganz besonderen Event beizutragen. Den Besucher*innen bot sich eine Vielzahl von Wettkämpfen und Präsentationen, bei denen intelligente autonome Roboter in realistischen Szenarien ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellten – von Fußballspielen (Soccer) über Rettungseinsätze (Rescue) bis hin zu Anwendungen autonomer mobiler Roboter im täglichen Leben (Home) und im Arbeitsumfeld (Work). Unter den Teilnehmenden waren, wie in den Vorjahren, Schüler*innen bis 19 Jahre sowie Forschende von Hochschulen und Universitäten gleichermaßen vertreten.
Unsere Vision war es, Azubis, Studierende, Schüler*innen und Erwachsenen zu helfen, die mobile Robotik besser zu verstehen und vor allem Spaß am Lernen zu wecken.“
Team AutonOHM trotz Rückschlag erfolgreich
Eine von ihnen war Sina Steinmüller, Medieningenieurin und Teil des fünzehnköpfigen Teams AutonOHM der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, das in der @Work-Liga antrat. Hier sollte der Roboter als Helfer in der Industrie 2.0 dienen und Aufgaben übernehmen, die die Arbeit beispielsweise in einer Lagerhalle erleichtert.
„Die Idee ist, dass ein Mitarbeiter dem Roboter eine Liste gibt, auf der steht, welche Bauteile oder Werkzeuge wohin gebracht werden müssen“, erklärt Sina Steinmüller. „Der Roboter arbeitet diese Liste dann selbstständig und autonom ab.“
Was zunächst simpel klingt, erwies sich vor Ort als äußerst anspruchsvoll, da der Roboter diversen Hindernissen ausweichen und eigenständig entscheiden musste, welche Aufgaben er in welcher Reihenfolge erledigt.
„Kommt er an einer Workstation an, muss er einparken und das richtige Objekt auf dem Tisch finden“, so Steinmüller. „Neben der M5-Mutter könnte zum Beispiel auch eine M3-Mutter liegen, um die Objekterkennung herauszufordern.“
Hatte der Roboter das Objekt schließlich erkannt, stand er vor der größten Herausforderung: Die unterschiedlich großen, unterschiedlich geformten und auch unterschiedlich schweren Objekte mit seinem präzise arbeitenden Roboterarm und Greifer sauber einzusammeln, an der Zielstation abzulegen und ins Ziel zu fahren.
Bereits am ersten von insgesamt vier Wettkampftagen musste das Team AutonOHM einen herben Rückschlag hinnehmen. Zwei ihrer Motoren gingen kaputt, und Ersatzteile hatten sie nicht dabei. Glücklicherweise konnte der Hersteller kurzfristig aushelfen.
„Ein paar Mitarbeiter haben sich spontan Zeit genommen, um alle nötigen Teile zusammenzusuchen und sogar für uns zusammenzubauen“, berichtet Sina Steinmüller. „Innerhalb von nicht mal 24 Stunden hatten wir die neuen Motoren — gesponsert und einsatzbereit. Normalerweise dauert das Wochen!“ So gelang es der Mannschaft am Ende vom letzten Platz bis auf Rang vier hochzuklettern. „Das war ein unglaubliches Gefühl und zeigt, wie viel man mit Durchhaltevermögen erreichen kann“, strahlt Teamleaderin Sina.
Erfolg für Team und Hochschule
Dieser Erfolg ist nicht zuletzt das Ergebnis guter Teamarbeit. Denn ähnlich wie im Mannschaftssport oder in Arbeitsgruppen, wird Teamplay auch bei der RoboCup German Open großgeschrieben. „Ein Roboter ist ein extrem komplexes System, sowohl in der Hardware als auch in der Software“, erläutert Steinmüller. „Am besten ist es, wenn es für jede Komponente jemanden gibt, der sich wirklich gut auskennt — sei es der Greifarm, die Plattform, die Navigation, die Objekterkennung oder die Aufgabenplanung. Und ganz ehrlich: Es macht einfach viel mehr Spaß, gemeinsam an so einem Projekt zu arbeiten. Man wächst als Team richtig zusammen.“
Apropos: Das große Ziel von AutonOHM ist nun die diesjährige Weltmeisterschaft in Salvador, Brasilien, zu der das gesamte Team, bestehend aus 15 Leuten und zwei Robotern, anreisen will. Ein kostspieliges Unterfangen. Doch das gute Abschneiden bei der German Open könnte potenzielle Sponsoren auf den Plan rufen, so zumindest die Hoffnung von Sina und ihren Mitstreiter*innen. Auch für die TH Nürnberg sei ihr Erfolg wertvoll. Er mache die Hochschule attraktiver, sowohl für Studierende als auch für Lehrpersonal.
Einfach machen!
Abseits des eigenen Wettkampfs konnte Sina Steinmüller in diesem Jahr einen neuen Trend erkennen: Plug-and-Play-Lösungen, also fertige Module und Systeme, die man einfach zusammenstecken kann.
„Das ist besonders spannend für die Industrie, weil dadurch auch kleinere Firmen relativ schnell moderne Roboterlösungen einsetzen können, ohne alles von Grund auf selbst entwickeln zu müssen“, so Steinmüller. „Das macht die Technologie insgesamt zugänglicher — aber gleichzeitig bleibt viel Raum für kreative Eigenentwicklungen, gerade bei so einem Wettbewerb wie unserem.“
Für Robotikinteressierte hat Sina Steinmüller noch einen wertvollen Tipp: „Einfach machen! In einem Robotikteam gibt’s für jeden eine Aufgabe. Entweder man bringt sich mit dem ein, was man schon kann — oder man lernt’s eben. Mit Motivation geht alles!“
(Quelle: Frank Erpinar)
Der RoboCup ist eine weltweite Initiative internationaler Wissenschaftler*innen, die über Roboterwettbewerbe in unterschiedlichen Ligen, Forschung, Entwicklung und Anwendung künstlicher Intelligenz und Robotik inspirieren und vorantreiben. Der RoboCup wurde 1996 von japanischen, amerikanischen und europäischen Forschenden mit der visionären langfristigen Herausforderung ins Leben gerufen, autonome fußballspielende humanoide Roboter zu entwickeln, die in der Mitte des 21. Jahrhunderts auf Augenhöhe mit dem menschlichen Fußballweltmeister der FIFA spielen kann.
Erst Weltmeistertitel, dann Firmengründung
Einer, der auch „einfach gemacht hat“, ist Markus Fenn. Er studierte Mechatronik an der TH Nürnberg und konnte sich im Feld der mobilen Robotik weiterbilden. Dort lernte er Prof. Dr. Stefan May kennen, der wiederum an der Georg Simon Ohm Hochschule die RoboCup-Teams betreute. „So gelangte auch ich damals ins Team und durfte an den Wettkämpfen teilnehmen“, berichtet Markus Fenn. „Gekrönt wurde meine Teilnahme dort durch einen Weltmeistertitel im Bereich @Work.“
Eine Erfolgsgeschichte, so scheint es, die nach dem RoboCup-Sieg erst richtig Fahrt aufnahm.
„In meiner Bachelorarbeit entwickelte ich gemeinsam mit Prof. Dr. Stefan May einen Roboter, der für das praktische Erlernen der mobilen Robotik an Hochschulen eingesetzt werden soll“, erzählt Markus Fenn. „Daraus entwickelte sich in unzähligen Abendstunden während der Corona-Pandemie das heutige Produkt ‚Eduard‘.“ Das war, vor rund vier Jahren, die Initialzündung für eine Firmengründung – der EduArt Robotik GmbH. „Unsere Vision war es, Azubis, Studierende, Schüler*innen und Erwachsenen zu helfen, die mobile Robotik besser zu verstehen und vor allem Spaß am Lernen zu wecken“, so Fenn. „Wir freuen uns über strahlende Augen im Umgang mit unseren Robotern und setzen viel daran, dass man beim Spielen am besten lernt.“
Es macht einfach viel mehr Spaß, gemeinsam an so einem Projekt zu arbeiten. Man wächst als Team richtig zusammen.“
Robotik — ein weites Feld
Dieser Ansatz scheint bei EduArt Robotik aufzugehen. So seien unerfahrene Nutzer*innen und Profis gleichermaßen in der Lage, die intelligenten Funktionen abzubilden und zu testen. Ausbildungsbetriebe, Universitäten, Entwicklungsabteilungen – sie alle seien sehr zufrieden mit Mays und Fenns Entwicklungen. Zu diesen zählen unter anderem Roboter, die einen Link zwischen Simulationsumgebung und echter Welt bilden, sodass beispielsweise ein neuer Code im Kleinen getestet werden kann, ehe er beim autonom fahrenden Gabelstapler zum Einsatz kommt. „Zudem befassen wir uns intensiv mit autonom fliegenden Drohnen. Ein weiteres Geschäftsfeld liegt in der Softwareentwicklung. Darüber hinaus bieten wir an, dass sich Kunden Platinen von uns nach ihren Wünschen entwickeln lassen können.“
Ein weites Feld also, das Markus Fenn mit seinem Partner beackert. Dass dies durchaus sinnvoll ist, spiegelt sich nicht nur in der Nachfrage der Kunden wider, sondern auch in der Tatsache, dass Robotik immer mehr Aufgaben ebenso in privaten Haushalten übernimmt.
„Wichtig ist hierbei, dass die Menschen damit umgehen können“, so Fenn. „Zudem ist uns eine Stärkung der regionalen Wirtschaft wichtig. Auch hierfür ist ein großes Verständnis für die Geräte vonnöten.“
RoboCup als Sprungbrett für die Karriere
Die zunehmend größere Bedeutung von Robotik wird auch in der stetig wachsenden Zahl von Teilnehmenden sowie Besucher*innen der RoboCup German Open deutlich. Das Event ist nicht nur eine Plattform für Wettkämpfe, sondern auch eine Talentschmiede.
„Viele der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler sowie Studierenden nutzen die Veranstaltung als Sprungbrett für eine Karriere in der Robotik und Künstlichen Intelligenz“, unterstreicht Prof. Dr. Oskar von Stryk, Vorsitzender der RoboCup German Open 2025 von der TU Darmstadt. „Die Open-Source-Philosophie des RoboCup ermöglicht es, Wissen zu teilen und gemeinsam Innovationen voranzutreiben. Der Wettbewerb zeigt, welches Potenzial in interdisziplinärer Zusammenarbeit steckt und wie wichtig es ist, Talente frühzeitig zu fördern.“
Viele der siegreichen Teams werden sich nun intensiv auf die kommenden RoboCup-Weltmeisterschaften und die RoboCupJunior-Europameisterschaften vorbereiten, die im Sommer stattfinden werden. Mit dem Erfolgserlebnis der German Open im Rücken, stehen die Zeichen für eine erfolgreiche Teilnahme auf internationaler Bühne denkbar gut. Um es mit den Worten von Sina Steinmüller zu sagen: „Mit Motivation geht alles!“